Zur Kabinettpräsentation
Seit Sommer 2014 wird in der Musikabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) eine wertvolle Musikhandschrift der Israelitischen Kultusgemeinde München verwahrt. Es handelt sich um „Gottesdienstliche Gesänge der Israeliten in Wien“, eine gebundene Handschrift mit 92 liturgischen Stücken in hebräischer Sprache. Die Handschrift wurde in den historischen Beständen der Kultusgemeinde durch den israelischen Musikwissenschaftler Alon Schab und den Münchner Dirigent und Historiker David Rees entdeckt. Nachdem die detaillierte Erschließung des Manuskripts durch die Münchner Arbeitsgruppe des Répertoire International des Sources Musicales (RISM) abgeschlossen werden konnte, sollen nun die Handschrift und ihr historisches Umfeld in einer Kabinettpräsentation gezeigt werden.
Die Kabinettpräsentation „1826 – 1926: Ein Jahrhundert Münchner Synagogalmusik. Die Quellen der Bayerischen Staatsbibliothek“ zeigt Musikhandschriften, Notendrucke, Porträts und weitere Quellen, die aus dem Zeitraum von 1826 (Eröffnung der Synagoge in der Westenrieder Straße) bis 1926 (Ende der Amtszeit und letzte Publikationen von Kantor Emanuel Kirschner) stammen.
Außerdem widmet sich die Präsentation den bedeutenden Kantoren Max G. Löwenstamm (Amtszeit 1847 – 1881) und Emanuel Kirschner (Amtszeit 1881 – 1926) sowie dem langjährigen Chorleiter des Synagogenchors Josef Ziegler.
Die Musikhandschrift und ihr historisches Umfeld
Die feierliche Eröffnung der neu erbauten Münchner Synagoge in der Westenrieder Straße 1826 wurde noch überwiegend von Musikern nichtjüdischen Bekenntnisses gestaltet. Doch bereits 1832 gründete sich ein Synagogenchor unter der Leitung von Maier Kohn.
„1832“ ist auch die Handschrift „Gottesdienstliche Gesänge“ datiert. Die Handschrift ist eine frühe Version des grundlegenden, 1840 im Druck erschienenen Kompendiums von Synagogalmusik „Schir Zion“ des Wiener Kantors Salomon Sulzer, der mit seinem Werk den Synagogengesang grundlegend reformierte. Jüdische und christliche Komponisten lieferten Sulzer Kompositionen, darunter auch Franz Schubert. Die Abschrift von Franz Schuberts hebräischer Vertonung des 92. Psalms in der Münchner Handschrift stellt sogar die früheste bekannte Version dieses Satzes dar. Die Ausstellung zeigt im Faksimile neben Schuberts Psalm weitere Seiten aus der Handschrift mit Benutzungsspuren und aufschlussreichen späteren handschriftlichen Einträgen.
Das Vorhandensein einer stark benutzten Handschrift von Sulzers „Gottesdienstlichen Gesängen“ belegt die frühe Rezeption seiner Werke in München, wo sich ähnliche historische und musikalische Entwicklungen wie in Wien vollzogen: Der Chorleiter und spätere Kantor Maier Kohn stellte ähnlich wie Salomon Sulzer in Wien ein Repertoire liturgischer Gesänge zusammen und publizierte seine Sammlung schließlich ab 1839, also sogar kurz vor Sulzer, unter dem Titel „Vollständiger Jahrgang von Terzett- und Chorgesängen der Synagoge in München“ in 3 Bänden. Wie in Wien lieferten in München jüdische und nichtjüdische Komponisten Chorsätze. In München waren es vor allem der renommierte Hofkapellmeister Joseph Hartmann Stuntz (1793 – 1859) und der Organist der St. Michaelskirche und Lehrer Maier Kohns, Caspar Ett (1788 – 1847). Franz Lachner (1803 – 1890) komponierte für Kohn den 42. Psalm.
Ort | Bayerische Staatsbibliothek Flurbereich zum Lesesaal Musik/Karten/Bilder (1. OG) | ||
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Öffnungszeiten | 5. November 2015 – 8. Januar 2016 Montag – Freitag 9:00 – 17:00 Uhr (an Feiertagen geschlossen) | ||
Eintritt | Der Eintritt ist frei. |