Der Balkan ist eigentlich ein Gebirge in Bulgarien und Serbien, doch sein Name setzte sich als Bezeichnung für die Region zwischen Adria und Schwarzem Meer durch. Darüber, welche Länder zum Balkan gehören, herrscht Uneinigkeit. Ob Slowenien, Kroatien oder Moldau dazu zählen, ist Ansichtssache. In dem oft synonym gebrauchten Begriff Südosteuropa sind sie jedenfalls inbegriffen.
Definitionen des Balkans gibt es viele: Die einen sehen ihn als Schnittstelle zwischen Orient und Okzident. Andere verstehen ihn als eine Geschichtsregion, die sich durch ihre ethnische und religiöse Vielfalt sowie die wechselnde Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Reichen, darunter Byzanz, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich, auszeichnet.
Die bulgarische Historikerin Maria Todorova vertritt die Position, Westeuropa habe den Balkan zur eigenen Identitätsstiftung erfunden. Schon im 19. Jahrhundert habe er westlichen Autorinnen und Autoren als negatives Spiegelbild gedient. Er wurde als primitiv, gewalttägig und unvollständig – nicht ganz europäisch, aber auch nicht ganz fremd – und somit der eigenen Kultur unterlegen konstruiert. Dieses Phänomen bezeichnet sie als Balkanismus.
Dass das Balkanbild in unseren Köpfen von Stereotypen geprägt ist, stellte auch der Fotograf Harald Schmitt fest. 2015 setzte er sich daher das Ziel, seine eigenen Vorurteile über Südosteuropa zu hinterfragen und dieses Unterfangen fotografisch zu dokumentieren. Sechsmal reiste er gemeinsam mit seiner Frau Annette über den Balkan, um die Länder und ihre Menschen kennenzulernen.
Der Fotograf Harald Schmitt stellt sich vor.
► Audiokommentar (MP3-Datei, 1.21 MB)
„Facing the Balkans” lädt dazu ein, Harald Schmitt auf seinen Reisen durch Südosteuropa zu folgen. Von Slowenien im Norden bis Albanien im Süden, von Kroatien im Westen bis Moldau im Osten nimmt die Ausstellung die Besucherinnen und Besucher mit. Acht Sektionen zeigen, welche Themen den Fotografen besonders interessierten.
Die ausgestellten Bilder sind von Schmitts Selbstverständnis als Fotoreporter geprägt. Mehr als drei Dekaden arbeitete er für das Magazin STERN, unter anderem sechs Jahre als akkreditierter Korrespondent in der DDR. In den 1980er- und 1990er-Jahren reiste er mehrmals in die Länder des östlichen Europas, um dort historische Umbrüche, wie die Samtene Revolution 1989 in der Tschechoslowakei oder den Augustputsch 1991 in Russland, festzuhalten. Sechsmal wurde er für seine Arbeit mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet, dem wichtigsten Preis der Pressefotografie.