Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung
Förderung | Union der deutschen Akademien der Wissenschaften | ||
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Projektdauer | 01.07.2011 – 31.12.2025 | ||
Projektpartner | Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Projektleitung) Bayerische Staatsbibliothek Universitätsbibliothek Leipzig Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen | ||
Kontakt | Arbeitsstellenbetreuerin und Ansprechpartnerin: Dr. Claudia Fabian Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeiter der Arbeitsstelle München: Dr. Maja Eilhammer, Gertrud Friedl, Veronika Hausler M. A., Sylvia Memmleb M. A. gjz18@gwdg.de |
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung” (GJZ 18) werden die bedeutendsten deutschsprachigen Vertreter der Gelehrten Zeitschriften des 18. Jahrhunderts erschlossen und digitalisiert und dabei zugleich ihre eminent wichtige Funktion für die Entstehung und Strukturen der „aufgeklärten Wissensgesellschaft” sichtbar gemacht.
Historischer Hintergrund
Ab dem Jahr 1682, zwei Jahrzehnte nach dem fast zeitgleichen Entstehen der Gelehrten Blätter in Frankreich, England und Italien, begann sich im deutschsprachigen Raum eine nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ bemerkenswerte – nirgendwo sonst erreichte – Ephemeriden-Tradition auszubilden. Innerhalb kürzester Zeit etablierten sich die Gelehrten Zeitschriften fest auf dem publizistischen Markt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden bis zu 1 000 Gelehrte Journale und Zeitungen gegründet – von kurzlebigen Ein-Mann-Projekten bis zu stabilen, über Jahrzehnte fortgeführten Groß-Unternehmungen.
Mit Rezensionen von neuen Büchern, Berichten über wissenschaftliche Entdeckungen und Forschungsvorhaben sowie Nachrichten von gelehrten Institutionen und Personen gaben sie Auskunft über so gut wie alles, was in der Welt des gelehrten und popularisierten Wissens vor sich ging. Auf dem Höhepunkt der Aufklärungsbewegung waren die Gelehrten Journale zu zentralen Foren der Diskussion und zu maßgeblichen Werkzeugen für die Gewinnung, Sicherung und Verbreitung gelehrten ebenso wie populären Wissens geworden. Aufgrund ihres zeitnahen Erscheinens und ihrer allgemeinen Zugänglichkeit eröffneten sie nicht nur der Gelehrten-Zunft, sondern jedem hinreichend Gebildeten die Möglichkeit, am Wissensdiskurs der Zeit teilzuhaben.
Das große Ziel der Aufklärung, die vernünftige und objektive Durchdringung möglichst aller Phänomene der menschlichen Erfahrung und Erkenntnis, wurde durch dieses Medium umgesetzt und reflektiert. Daher kommt es auch nicht von ungefähr, dass Immanuel Kants programmatischer Aufsatz „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?” 1784 erstmals in einem der prominentesten gelehrten Periodika des späten 18. Jahrhunderts erschien, nämlich in der „Berlinischen Monatsschrift".
Wissenschaftliche Zielsetzung und Forschungsdatenbank
Das Hauptaugenmerk des Projekts gilt den fächerübergreifenden polyhistorischen Ephemeriden, die die Geistes- und Sozialwissenschaften ebenso berücksichtigen wie die Naturwissenschaften und neben Originalbeiträgen, Rezensionen und gelehrten Nachrichten auch alle Facetten der Antikritik enthalten.
Um der regionalen und konfessionellen Verteilung der ausgewählten Zeitschriften gerecht zu werden, erfolgt die Erschließung dezentral an den drei Standorten Göttingen, Leipzig und München. Jeder der genannten Orte repräsentiert in eigener Weise ein Zentrum der Aufklärung. Die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen arbeitet in Kooperation mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, der Universitätsbibliothek Leipzig und der Bayerischen Staatsbibliothek München. Als das inzwischen dritte einer im Jahr 1975 begonnenen Reihe von Langzeitvorhaben knüpft GJZ 18 seit dem Jahr 2011 an zwei Vorgängerprojekte an. Die Erschließungsergebnisse der drei Projekte IdZ 18, IdRZ 18 und GJZ 18 werden in einer Forschungsdatenbank zusammengeführt, die bis zum Jahr 2025 einen Korpus von insgesamt 323 Zeitschriften (ca. 2 775 Bände und ca. 1 260 000 Seiten) zur Verfügung stellen und die Erschließungsarbeit aus fünf Jahrzehnten vereinen wird.
Anstelle einer bloßen OCR-basierten Texterschließung verfolgt das Projekt GJZ 18 mit seiner gleichermaßen in die Breite wie Tiefe gehenden Zeitschriftenauswertung den Zweck, der Forschung einen noch ungehobenen Schatz an bibliographischen, personen- und sachbezogenen Informationen zu sämtlichen Bereichen und Phänomenen der Wissenskultur des 18. Jahrhunderts in aufbereiteter Form zur Verfügung zu stellen. Erschlossen wird jeder einzelne Artikel der ausgewählten Zeitschriften, sowohl formal-bibliographisch als auch inhaltlich. Letzteres geschieht zum einen durch Schlagwortvergabe, zum anderen durch die Einordnung des rezensierten Werkes in eine zeitgenössische Wissenschaftssystematik.
Die Ergebnisse der inhaltlichen Erschließung werden über die Forschungsdatenbank zur Verfügung gestellt. Die GJZ-18-Datenbank bietet mehrere detaillierte Sucheinstiege, zum Beispiel nach bestimmten Personen, Werken oder wissenschaftlichen Inhalten. Die einzelnen Artikel können durch dynamisch generierte Statistiken ausgewertet, nach Wissensgebieten gruppiert oder nach Jahren sortiert werden und die Ergebnisse durch diverse Auswertungs-Tools in übersichtlicher Weise visualisiert werden. Die Artikel werden in digitalisierter Form zugänglich gemacht und bei rezensierten Werken wird, wenn möglich, auf das Digitalisat desselben verlinkt. Darüber hinaus verfügt die Datenbank über Schnittstellen zur Zeitschriftendatenbank (ZDB) und zu den Verzeichnissen der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. und 18. Jahrhunderts (VD 17, VD 18). Die Notwendigkeit der Langzeitarchivierung, Hochverfügbarkeit der Daten und kontinuierliche Datenpflege stets im Blick, werden die Aufnahmen über die Software WinIBW angelegt und in den „Gemeinsamen Bibliotheksverbund” (GBV) eingebunden.
Die detaillierte Inhaltserschließung der Forschungsdatenbank gibt darüber Auskunft, wie sich die wissenschaftsgeschichtlichen Tendenzen der Zeit in den Zeitschriften niederschlugen, aber auch inwiefern die Zeitschriften selbst durch ihr selektives Informationsangebot ebenso wie durch die publizistische Begleitung von gelehrten Kontroversen wissenschaftspolitisch Einfluss nahmen. Ferner kann sich die Datenbanknutzerin oder der Datenbanknutzer darüber informieren, welchen heutzutage weitgehend in Vergessenheit geratenen Publikationen die Zeitgenossen große Aufmerksamkeit entgegenbrachten und welche Resultate gelehrten Fleißes nie zur Veröffentlichung gelangten. Wissenschaftshistorisch von besonderem Interesse ist schließlich auch, welche Regeln sich im Laufe der Zeit für die sachgemäße Beurteilung des Publizierten herausbildeten oder welche Rolle Frauen in der Gelehrtenrepublik spielten. Das Projekt GJZ 18 bietet die Möglichkeit der Vertiefung, Erweiterung und Revision unserer Kenntnisse nicht nur über die Entwicklung des gesamten Wissenschaftsspektrums der Aufklärungszeit, sondern darüber hinaus auch über die Entstehung der aufgeklärten Wissens- und Kommunikationsgesellschaft.
Damit ist das Projekt „Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung” momentan das umfassendste systematische Erschließungsprojekt gelehrter Periodika der Aufklärung, das die wissenschaftlichen Inhalte des 18. Jahrhunderts in moderne Datenstrukturen des modernen Zeitalters überführt.
Website des Projekts
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