Erschließung und Digitalisierung von Einbänden als eigenständige Kunstobjekte
Förderung | Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) | ||
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Projektdauer | 01.11.2014 – 30.04.2018 Verlängert bis Oktober 2018 | ||
Kontaktadressen | Projektleitung und Projektkoordination: Dr. Carolin Schreiber Dr. Caroline Smout handschriften@bsb-muenchen.de Kunsthistorische Beschreibung westlicher Prachteinbände: Dr. Caroline Smout Materialwissenschaftliche und kunsttechnologische Untersuchungen: Dr. Thorsten Allscher thorsten.allscher@bsb-muenchen.de |
Einbände als plastische Kunstobjekte nehmen eine Sonderstellung zwischen den textorientierten Sammlungen der Bibliotheken und den objektbezogenen historischen Kunstsammlungen ein. Im Rahmen des DFG-Projekts „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte“ werden anhand eines Corpus von 59 westlichen Goldschmiedeeinbänden des Mittelalters und der Neuzeit sowie von 96 tibetischen Buchdeckeln aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek modellhaft modulare Standards der Beschreibung dieser eigenständigen Kunstobjekte entwickelt. Begleitend werden die Objekte in einem kamerabasierten Workflow unter Einbeziehung der Ergebnisse der Erschließung digitalisiert. Ausgewählte Objekte der beiden Corpora werden zudem vom Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR) der Bayerischen Staatsbibliothek mit materialwissenschaftlichen und kunsttechnologischen Verfahren analysiert.
Tibetische Buchdeckel
Für Handschriften bedeutender religiöser Texte des Buddhismus wurde in Tibet und anderen Regionen Zentral- und Südasiens der Buchblock im Querformat (z. T. auf dem Beschreibstoff Birkenrinde oder Palmblatt) in ein Tuch gewickelt, zwischen Deckel gelegt und mit einem Gurt umwunden. Aus Respekt vor den heiligen Inhalten der Schriften wurden die Buchdeckel vielfach verziert. Auch zu zeremoniellen Anlässen wurden kunstvoll aus Holz geschnitzte oder in Kupferblech getriebene, teils vergoldete oder bemalte Einbände gefertigt, die im kulturellen und künstlerischen Erbe Tibets nahezu den gleichen Rang wie Thangkas (bemalte Rollbilder) oder Skulpturen einnehmen. Viele Deckel sind ohne die zugehörige Handschrift überliefert und werden so von Bibliotheken und Museen gesammelt. Auch lässt der Abnutzungsgrad mancher plastischer Elemente darauf schließen, dass die Buchdeckel selbst zum Kultobjekt wurden.
Während etwa die Hälfte des Bestands der Bayerischen Staatsbibliothek in Ausstellungskatalogen beschrieben wurde, sind die übrigen Deckel – abgesehen von Kurzeinträgen im Repertorium der Codices orientales der Bayerischen Staatsbibliothek – bis dato weder formal noch inhaltlich erschlossen worden. Ein geeigneter Erschließungsstandard, der in besonderem Maße auch der Ikonographie der tibetischen Buchdeckel Rechnung trägt, ist daher ebenso dringendes Desiderat wie überregionale spezialisierte digitale Nachweis- und Präsentationssysteme für diesen Objekttyp.
Westliche Prachteinbände in Gold- und Silberschmiedetechnik
Im Bereich der westlichen Prachteinbände weisen vor allem mit Edelsteinen, Gemmen, Perlen, Elfenbein oder Email auf getriebenem Gold oder Silber prachtvoll gestaltete Goldschmiedeeinbände Beziehungen zum klassischen Sammlungsgut der Museen auf. Sie zieren oftmals liturgische Handschriften und zählen zu den Spitzenstücken der plastischen Kunst der Zeit. Eine Besonderheit dieser Kunstgattung und eine Herausforderung für deren Beschreibung ist die Einbeziehung anderer und teils deutlich älterer Kunstobjekte als Spolien, die aus dem ursprünglichen Zusammenhang entnommen, teilweise zerlegt und in den neu gestalteten Buchdeckel prominent eingearbeitet wurden. Zudem wurden an den Objekten im Laufe der Zeit immer wieder massive Eingriffe vorgenommen, die zum Teil als restauratorische Maßnahmen verstanden wurden. Diese Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte gilt es, ebenfalls adäquat zu dokumentieren.
Projektpublikationen
Die Ergebnisse der kunsthistorischen Erschließung der westlichen Goldschmiedeeinbände und tibetischen Buchdeckel sowie der materialwissenschaftlichen und kunsttechnologischen Untersuchungen finden Sie unter:
https://einbaende.digitale-sammlungen.de/Prachteinbaende/Hauptseite
Schreiber, Carolin: Tagungsbericht: Abschlusstagung des DFG-Projekts „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte“. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 64 (2018), 4 S. 203-211.
Pfändtner, Karl-Georg; Schreiber, Carolin: Das DFG-Projekt „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte an der BSB München“ – ein Zwischenbericht. In: Einbandforschung 39 (2016), S. 6–24.
Pfändtner, Karl-Georg: Neue Erkenntnisse zum Einband des Evangeliars Otto III. In: Codices Manuscripti & Impressi 105 (2016), S. 1–8.
Allscher, Thorsten: Mikroskopische und spektroskopische Untersuchungen der Prachteinbände von mittelalterlichen Evangelienbüchern aus den Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek. Vortrag Archäometrie und Denkmalpflege 2016, Jahrestagung an der Georg-August-Universität Göttingen 28. September – 01. Oktober 2016. In: Metalla. Sonderheft 8 (2016), S. 61–63.
Mindermann, Simon; Allscher, Thorsten: An investigation of the Tibetan book covers from the collections of the Bayerische Staatsbibliothek Munich by FTIR and Raman spectroscopy. 11th Infrared and Raman Users Group Conference, 05. – 07. November 2014, Museum of Fine Arts, Boston.
Schreiber, Carolin: Beschreibungsstandards für Prachteinbände – Bericht aus einem DFG-Projekt. Vortrag eingereicht zum 106. Deutschen Bibliothekartag (30. Mai – 02. Juni 2017).
Allscher, Thorsten: Extreme Close-up: Neuer Blick auf Prachteinbände: Materialwissenschaft und Kunsttechnologie an der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bayerische Staatszeitung 20.01.2017
Workshops
- Fachgespräch zum Teilprojekt „Tibetische Buchdeckel“ im Rahmen des DFG-Projekts „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte“, 10. Juni 2016, Bayerische Staatsbibliothek.
Programm des Fachgesprächs am 10. Juni 2016 (PDF, 375 KB)
- Fachgespräch zum Teilprojekt „Westliche Prachteinbände“ im Rahmen des DFG-Projekts „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte“, 25. November 2016, Bayerische Staatsbibliothek.
Programm des Fachgesprächs am 25. November 2016 (PDF, 91 KB)
- Abschlusstagung des DFG-Projekts „Erschließung und Digitalisierung von Prachteinbänden als eigenständige Kunstobjekte“, 1. und 2. März 2018, Bayerische Staatsbibliothek.
Programm der Abschlusstagung am 1. und 2. März 2018 (PDF, 76 KB)