Bibliotheksgebäude

Geschichte

Nach ihrer Gründung 1558 war die wittelsbachische Hofbibliothek zunächst im Kanzleigewölbe des Alten Hofes untergebracht. 1571, nach Errichtung des Antiquariums in der Alten Residenz, wurde ihr dort ein Geschoss oberhalb der übrigen „Antiquitäten“ zugewiesen, doch schon das Jahr 1599 führte sie in den Alten Hof zurück, diesmal in dessen Nordflügel. 1778 befahl Kurfürst Karl Theodor den Umzug in das Mauthaus an der Theatinerstraße, in das, knapp zwei Jahrzehnte zuvor, auch die Akademie der Wissenschaften eingezogen war. Die Bibliothek blieb dort nur fünf Jahre. 1783 siedelte sie, vermehrt um die Bestände des aufgelösten Jesuitenkollegs und wiederum gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften, in das ehemalige Kollegiengebäude der Jesuiten neben der Michaelskirche über.

Einer der ersten Baupläne König Ludwigs I. galt einem repräsentativen Gebäude für seine Hof- und Staatsbibliothek. Als Bauplatz war zunächst das Areal gegenüber der Glyptothek am Königsplatz, heute Standort der Antikensammlung, ins Auge gefasst. Erst später kam die Lücke zwischen Kriegsministerium und Ludwigskirche an der damals nach dem Willen des Königs nach Norden wachsenden Prachtstraße, der Ludwigstraße, ins Gespräch. Die Planung wurde dem Architekten Friedrich von Gärtner übertragen und in den Jahren 1832 bis 1843 verwirklicht. Der langgestreckte, zwei Innenhöfe umschließende Bau an der Ludwigstraße ist mit 152 Metern Länge, 78 Metern Tiefe und 24 Metern Höhe der größte Blankziegelbau Deutschlands. Bei seiner Eröffnung galt er als fortschrittlichster deutscher Bibliotheksbau.

Literatur:
Kaindl, Annemarie: „Das großartigste Gebäude in München”: die Baugeschichte der Bayerischen Staatsbibliothek.
Wiesbaden: Harrassowitz, 2023.

Die Statuen

An der Freitreppe setzen die vier überlebensgroßen, von Ludwig von Schwanthaler entworfenen Steinfiguren – von den Münchnern liebevoll als „Die vier Heiligen Dreikönige“ betitelt – einen markanten Akzent. Es sind dies, von links nach rechts, Thukydides, der Begründer der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung, Homer, der Dichter der Ilias und Odyssee, Aristoteles, der Philosoph und Lehrer Alexanders des Großen, und Hippokrates, der berühmteste Arzt der Antike. In ihrer Gesamtheit verweisen sie auf die Vielfalt der Wissenschaften, deren Literatur die Königliche Hof- und Staatsbibliothek zu sammeln bestimmt war.

Das Treppenhaus im Innern des Mittelbaus

Das repräsentative Treppenhaus im Innern des Mittelbaus, dessen Benutzung der König sich allein vorbehielt, wurde mehrfach nachgeahmt. Seine Wirkung muss schier überwältigend gewesen sein. Aus der fensterlosen, seinerzeit dämmrigen Eingangshalle – seitlich davon lagen die Räume des Bayerischen Reichsarchivs – stieg der Ankömmling über die 54 Stufen der breiten Treppe hinauf in das helle Licht der Wissenschaft, beschirmt von dem imposanten, in ganzer Fläche freskierten und ornamentierten Gewölbe. Allegorien der Künste und Wissenschaften in den Stichkappen des Gewölbes, Darstellungen berühmter Gelehrter, aber auch Porträts des Architekten Friedrich von Gärtner und des seinerzeitigen Oberbibliothekars Philipp Lichtenthaler versinnbildlichten den Anspruch der königlichen Hof- und Staatsbibliothek, Wissenschaft, Religion und Kunst gleichermaßen in sich zu begreifen.

An die große Treppe schloss sich im ersten Obergeschoss unmittelbar die Buchausleihe an. Der Rückteil des Gebäudes beherbergte den allgemeinen Lesesaal, den Katalograum, das „Journalzimmer“ und die Büros der Mitarbeiter. In der Südwestecke war der Handschriftenlesesaal untergebracht. Bei der sonstigen Raumanordnung dominierte das Prinzip der Bücheraufstellung in fachlich gegliederten Büchersälen mit Galerien und Wandregalen. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde im Nordflügel ein erster moderner, vom Erdgeschoss bis unters Dach reichender Magazintrakt eingezogen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude wiederholt von Bomben getroffen. Großen Schaden verursachte bereits die erste Attacke in der Nacht vom 9. zum 10. März 1943, als Phosphorbomben den Mittelbau in Brand setzten, der Wind das Großfeuer weiter anfachte, und etwa ein Fünftel des Buchbestandes verbrannte. 1944 wurde, nach weiteren Angriffen, der Benutzungsbetrieb eingestellt. Im Mai 1945 war der Bau praktisch eine Ruine.

Schon bald nach Kriegsende begann unter der Leitung der renommierten Architekten Hans Döllgast und Sep Ruf der Wiederaufbau. Das Treppenhaus stellte man karg und schmucklos wieder her. Der obere Treppenabsatz wurde dabei um zwei Fensterachsen verlängert, so dass er heute vier Bogenfelder mehr aufweist. Das Gewölbe blieb einfarbig weiß. Fensterbögen und Wandflächen wurden schlicht braunrot gestrichen. Selbst in dieser Form aber beeindruckte das Treppenhaus noch immer.

Seit dem Jahr 2003 bemühten sich die Förderer und Freunde der Bayerischen Staatsbibliothek um eine Wiederherstellung zumindest der 22 Fensterbögen und der östlichen Schildwand des Treppenhauses im Sinne Friedrich von Gärtners. 2005 wurde ein Musterfenster angelegt – und dessen werbende Kraft half – die nötigen Spendenmittel zusammenzubringen. Im März 2007 begannen die Arbeiten, im Oktober waren die 22 Fensterbögen und die Schildwand vollendet.

Vom ästhetischen Konzept der Erbauer ist damit ein gutes Teil zurückgewonnen, das Gewölbe freilich bleibt − vorerst? − weiß. An ihm scheiden sich die Geister. Die einen warnen davor, den Bogen zu überspannen, und raten, das Gewölbe zu lassen, wie es ist; die anderen hoffen, dass die Pracht der Fensterbögen und der Stirnwand den Wunsch laut werden lässt, auch das Gewölbe in einer dem Gärtnerschen Entwurf nahekommenden Form und Farbigkeit zu restaurieren. Die Frage kann getrost der Zukunft überlassen bleiben.

Die Wiederherstellung der Fenster und der Schildwand ermöglichten
Dr. Michael Albert  (Buch)   |   Prof. Dr. Roland Berger  (Binärcode)   |   Familie Dr. Andreas Biagosch  (Herodot)   |   Charlotte und Nikolaus von Bomhard  (Goethe)   |   Manfred Dierig  (Galilei)   |   Christopher Marcus Dürrmeier  (Calderon)   |   Hanns-Jörg Dürrmeier  (Corneille)   |   Förderer und Freunde der Bayerischen Staatsbibliothek e. V.  (Schriftrolle)   |   Christian Geissler  (Johannes von Müller)   |   Fritz Haberl  (Schiller)   |   Karl Alexander Haeusgen  (Dante)   |   Dr. Clemens Haindl  (Vergil)   |   Ana Maria, Stefan und Julian Heyd  (Kepler)   |   Dr. Dirk Ippen  (Platon)   |   Axel und Cornelia Müller-Vivil  (Tacitus)   |   Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Aktiengesellschaft in München  (Schildwand)   |   Ingeborg Pleischl  (Linné)   |   Robert Salzl  (Camões)   |   Prof. Dr. Max Michael Schlereth  (Shakespeare)   |   Stefan Schörghuber  (Newton)   |   Dr. Martin Steinmeyer  (Kopernikus)   |   Stiftung Straßenkunst der Stadtsparkasse München  (Notenblatt)   |   Dr. Dietrich und Gudrun Wolf  (Tycho Brahe)

Der Erweiterungsbau

Der Wiederaufbau nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg begann 1945/46 mit dem Nordteil des Westflügels und zog sich, in sechs Bauabschnitten, über ein Vierteljahrhundert hin. Im Herbst 1947 erhielt die Bibliothek Ausweichräume in den ehemaligen Parteigebäuden in der Arcisstraße. An der Ludwigstraße konnte der Betrieb erst 1952, nach langwieriger Rückführung der verlagerten Bestände, wieder aufgenommen werden. Benutzer und Mitarbeiter mussten aber noch lange Jahre mit baulichen Provisorien leben. 1966 wurden der Erweiterungsbau, entworfen von der Architektengemeinschaft Hans Döllgast, Sep Ruf und Helmut Kirsten, und der Ostflügel, von dem bei Kriegsende nur noch die Außenmauern gestanden hatten, fertiggestellt und 1970 kam der Wiederaufbau mit der Eröffnung des im Krieg völlig zerstörten Südflügels endgültig zum Abschluss.

Während der West- und der Mitteltrakt des Altbaus nunmehr dem Rechenzentrum und den Sonderabteilungen vorbehalten sind, befinden sich im Südflügel vor allem die Abteilung für Handschriften und Alte Drucke sowie Magazine. Der Erweiterungsbau auf einer Fläche von 59 x 42 x 22 Metern umfasst im Erdgeschoss die buchbearbeitenden Abteilungen Bestandsentwicklung und Erschließung sowie Arbeitsplätze der Abteilung Benutzungsdienste, im ersten Obergeschoss den Allgemeinen Lesesaal mit 636 Plätzen, im Untergeschoss den Zeitschriftenlesesaal. Das Erdgeschoss im Osttrakt des Altbaus beherbergt die Buchbereitstellung und Bildschirmarbeitsplätze.

Sanierungen

In den Jahren 1995 bis 2004 wurde das Gebäude an der Ludwigstraße einer umfassenden Sanierung unterzogen, für die alles in allem fast 40 Millionen Euro aufgewendet wurden. Sie war notwendig geworden, weil beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach ungeeignete Materialien verwendet worden waren, weil moderne Sicherheitsstandards nur unzureichend erfüllt waren und weil in den 1970er und 1980er Jahren nur geringe Mittel für den Bauunterhalt zur Verfügung standen. Asbestbeseitigung, Erneuerung der Klimatechnik, Ersatz der Buchförderanlage und Glasfaserverkabelung des gesamten Gebäudes waren herausragende Etappen auf dem Weg der Sanierung, bewältigt durchweg bei laufendem, uneingeschränktem Betrieb. 1997 konnte der von Grund auf modernisierte Allgemeine Lesesaal eröffnet werden, 1999 der Zeitschriftenlesesaal. Die Wiederherstellung der Außenanlagen und ein neues Beschilderungs- und Leitsystem markierten 2004 das Ende der Sanierung. 2007 gelang es den Förderern und Freunden der Bayerischen Staatsbibliothek e. V. Mäzene zu gewinnen, um die Farbigkeit und Ornamentierung der 22 Fensterbögen im großen Treppenhaus in einer an die Gärtnersche Urfassung angenäherten Form wiederherzustellen.

Speicherbibliothek in Garching

1. Bauabschnitt

Die repräsentative Speicherbibliothek in Garching verdankt ihre Entstehung den Platzproblemen der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Als zweitgrößte wissenschaftliche Universalbibliothek Deutschlands hat die Bayerische Staatsbibliothek in den letzten Jahrzehnten einen jährlichen Zuwachs von durchschnittlich 140 000 Bänden erfahren. Die Grenze der Fassungskapazität des Stammhauses mit rund 3,8 Millionen Bänden war schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erreicht, der Bau eines angemessenen Speichermagazins unausweichlich geworden. Da am Ort des Stammgebäudes, in der Ludwigstraße in München, kein Platz dafür war, entschied man sich nach langem Abwägen für den Standort auf dem Forschungsgelände Garching. Diese Speicherbibliothek in Garching, eröffnet 1988, war jedoch schon wenige Jahre später mit rund 2,4 Millionen Bänden ebenso restlos gefüllt. Wieder war die Staatsbibliothek auf angemietete Magazinflächen angewiesen.

2. Bauabschnitt

Für den zweiten Bauabschnitt bewilligte der Bayerische Landtag im Dezember 2001 knapp 50 Millionen DM nach einer mehrjährigen Wartezeit. Der damalige Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, vollzog am 1. August 2003 den ersten Spatenstich, am 24. Mai 2004 wurde Richtfest gefeiert. Am 7. November 2004 wurde der vom Bauamt der Technischen Universität München geplante und vom Architekturbüro Dömges + Partner realisierte Bau vom Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, feierlich eröffnet. Der 2001 abgesteckte Kostenrahmen konnte eingehalten werden.

Auf circa 9 000 Quadratmetern steht eine Lagerkapazität für circa drei Millionen Bände zur Verfügung. Zudem sind zwei Kühlräume entstanden, die der fachgerechten Lagerung von Mikrofilmen dienen.

Mit der Planung und Realisierung dieses 2. Bauabschnittes ist es dem Bauamt der TU München gelungen, ein Gebäude zu erstellen, das den Anforderungen an ein Magazingebäude in höchstem Maße gerecht wird. Das Gebäude ist klar strukturiert und mit einer fahrbaren und elektronisch gesteuerten Regalanlage ausgestattet. Gebäude wie Regalanlage sind sowohl für die konservatorisch sachgerechte Lagerung der Bücher als auch für die Betriebsabläufe eines Magazins optimal ausgelegt.

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