Syrisch
Im Überblick
Die syrische Sammlung zählt ca. 300 gedruckte Bände und 29 Handschriften originalschriftlicher Literatur, die in der weit über tausendjährigen Lingua franca im vorderasiatischen Raum abgefasst sind. Mit Syrisch wird gemeinhin ein ostaramäischer Dialekt der semitischen Sprachen bezeichnet.
Inhaltliche Schwerpunkte
Inhaltliche Sammlungsschwerpunkte sind die geisteswissenschaftlichen Fächer Philosophie, Religion (Islam, Christlicher Orient), Geschichte, Archäologie, Sprach- und Literaturwissenschaft, Volkskunde, Architektur und Kunst sowie insbesondere klassische Texteditionen.
Wissenschaftliche Texteditionen mit Übersetzungen und Sekundärliteratur zur syrischen Sprach-, Literatur- und Kulturgeschichte in westeuropäischen Sprachen werden breit gefächert gesammelt.
Kataloge
Handschriftenkataloge
- Desreumaux, Alain: Répertoire des bibliothèques et des catalogues de manuscrits syriaques. Paris: Éditions du CNRS, 1991.
Cod.syr. = Codices syrici
- [Cod.syr. 1 – 17]
Verzeichnis der orientalischen Handschriften der K. Hof- und Staatsbibliothek in München, mit Ausschluss der hebraeischen, arabischen und persischen. München, 1875. S. 109-119. Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Regiae Monacensis. 1,4.
- [Cod.syr. 18 – 28]
Repertorium der orientalischen Handschriften. Band 2 [Cbm Cat. 40 d(2]
- [Cod.syr. 22]
Leroy, Jules: Les manuscrits syriaques a peintures. Paris, 1964. S. 413-414.
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Kataloge für syrische Drucke
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Geschichte der syrischen Sammlung
Anfänge im 16. Jahrhundert
Die Anfänge der syrischen Sammlung gehen auf die Gründung der Münchner Hofbibliothek im Jahr 1558 durch Herzog Albrecht V. zurück. Den Gründungsakt der Münchner Hofbibliothek bildete der Ankauf der Privatbibliothek des vielseitig gebildeten und polyglotten Diplomaten und Orientalisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506 – 1557), der als einer der Pioniere der Orientalistik gilt.
Zum Gründungsbestand gehören unter anderem die Codices 1 und 5, der Erstdruck des Neuen Testaments und eine Einführung in die syrische Sprache. Als außergewöhnliche typografische Leistung gilt der erste syrische Druck des Neuen Testaments „Ketābā d-ewangelyōn qaddīšā de-māran w-alāhan Yešuʿ mešiḥā: reliqua hoc codice comprehensa pagina proxima indicabit ... characteribus et lingua syra Jesu Christo vernacula ... expressa“ (Wien 1555, Res/4 B.orient. 105 und Rar. 155), den der damalige Kanzler König Ferdinands und Orientalist Widmanstetter förderte.
Einführung in die syrische Sprache (Cod.syr. 1)
Erster syrischer Druck des Neuen Testaments (Rar. 155) (Res/4 B.orient. 105)
19. und 20. Jahrhundert
Durch die Säkularisation kamen zum Beispiel aus dem Dominikanerkonvent in Augsburg die Handschrift Cod.syr. 4 in die Münchner Hofbibliothek und aus dem Augustinerchorherrenstift in Polling der syrische Erstdruck „Introductio in Chaldaicam linguam, Syriacam atque Armenicam“ (Pavia 1539, Res/4 Polygl. 3). Dieser syrische Erstdruck zählt wie einige andere Erstdrucke orientalischer Sprachen zu den Raritäten der Bayerischen Staatsbibliothek.
Im Jahr 1858 bescherte der Ankauf der Bibliothek des französischen Orientalisten Étienne-Marc Quatremère der Münchner Hofbibliothek weitere 11 syrische Handschriften (Cod.syr. 7 – 17) und mehrere syrische Drucke wie zum Beispiel Cod.syr. 11 oder die gedruckte „Grammatica Syriaca cum syntaxi perfecta hactenus non ita visa et lexico brevissimo“ von David Grafunder (Witteberga 1665, Res/L.as. 418 s).
Erwähnenswert ist das vielleicht älteste Beispiel syrischer Buchgeschichte in der Bayerischen Staatsbibliothek. 1921 wurde der Palimpsest Cod.arab. 1066 erworben, eine nur aus sieben Pergamentblättern bestehende arabische Sammelhandschrift aus dem 9. oder frühen 10. Jahrhundert. Die syrische Erstschrift allerdings, die teilweise unter der arabischen noch zu erkennen ist, stammt höchst wahrscheinlich aus dem 6. Jahrhundert.
In Breydenbachs bekannter „Peregrinatio in terram sanctam“ (Mainz 1486, 2 Inc.c.a. 1725) wird zum ersten Mal ein syrisches Alphabet abgedruckt.
Psalmen in nestorianischer Schrift [u. a.] (Cod.syr. 4)
Introductio in Chaldaicam linguam, Syriacam atque Armenicam (Res/4 Polygl. 3)
Zellenordnung der Einsiedler-Novizen (Einsiedler-Brevier) [u.a.] (Cod.syr. 11)
Grafunder, David: Grammatica Syriaca ... (Res/L.as. 418 s)
Palimpsest (Cod.arab. 1066)
Breydenbachs Peregrinatio in terram sanctam (2 Inc.c.a. 1725)
Literatur
Schönfelder, J. M.: Hymnen, Proklamationen und Märtyrergesänge des Nestorianischen Breviers. In: Tübinger theologische Quartalsschrift 48 (1866) 2, S. 179-200.
Strothmann, Werner: Die Anfänge der syrischen Studien in Europa. Wiesbaden, 1971. Göttinger Orientforschungen, 1. Reihe: Syriaca. 1.
Grönbold, Günter: Die orientalischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksforum Bayern 9 (1981), S. 68-84.
Coakley, J. F.: Printing in Syriac, 1539 – 1985. In: Middle Eastern languages and the print revolution: a cross-cultural encounter: a catalogue and companion to the exhibition. Westhofen, 2002. S. 93-115.
Ausstellungskataloge
Dachs, Karl (Hrsg.): Das Buch im Orient: Handschriften und kostbare Drucke aus zwei Jahrtausenden: Ausstellung, 16. November 1982 – 5. Februar 1983. Wiesbaden: Reichert, 1982.
Rebhan, Helga (Hrsg.): Wertvolle orientalische Handschriften und seltene Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek = Precious Oriental manuscripts and rare printed books in the Bavarian State Library: 26th MELCOM International Conference, 24 – 26 May 2004: Ausstellung 24.05. – 18.06.2004. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2004.
Fabian, Claudia (Hrsg.): Kulturkosmos der Renaissance: die Gründung der Bayerischen Staatsbibliothek: Katalog der Ausstellung zum 450-jährigen Jubiläum 7. März bis 1. Juni 2008 ... Wiesbaden: Harrassowitz, 2008.