Über die Sammlung

Überblick

Mit ihrem umfangreichen Bestand an historischen Drucken steht die Bayerische Staatsbibliothek an der Spitze der deutschen und europäischen Bibliotheken. Sie zählt zu den bedeutendsten Altbestandsbibliotheken. Die Sammlung beinhaltet weltweit erschienene Drucke in allen Sprachen seit Beginn der Buchdruckkunst im 15. Jahrhundert bis zum Erscheinungsjahr 1950. Inhaltlich ist die Sammlung universell ausgelegt.

Allein knapp eine Million Drucke stammen aus der Zeit vor 1850. Im Rahmen des kooperativen nationalbibliographischen Erwerbungsprogramms der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke ist die Bayerische Staatsbibliothek zudem für Drucke aus dem Erscheinungszeitraum 1450 bis 1600 sowie für Musikdrucke bis 1800 zuständig.

Weitere Informationen „Sammlung Deutscher Drucke“

Historische Drucke sind in BSB DISCOVER! nachgewiesen. Darüber hinaus ermöglichen Spezialdatenbanken zu definierten Sammlungen eine vertiefte Erschließung und zunehmend auch den Zugriff auf die Digitalisate historischer Drucke.

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Inhaltliche Schwerpunkte

Historische Drucke werden breit gefächert und über alle Themenbereiche der geistes- und naturwissenschaftlichen Fächer hinweg nach wissenschaftlichen Kriterien erworben. So sind in der Sammlung alle Bereiche der Wissenschaften und der Künste in allen Sprachen vertreten.

Inhaltliche Schwerpunkte liegen unter anderem auf den Geschichts- und klassischen Altertumswissenschaften, der Theologie, der deutschen und romanischen Sprach- und Literaturwissenschaft, der Philosophie, auf der Literatur aus und über Ostmittel- und Südosteuropa sowie auf den Musikwissenschaften.

Aufgrund ihrer Stellung und ihren Aufgaben als zentrale Landes- und Archivbibliothek stellt Literatur aus und über Bayern einen weiteren Sammelschwerpunkt der Bayerischen Staatsbibliothek dar.

Weitere Informationen bei den Sammlungen:
Altertum  |  Bavarica  |  Geschichte  |  Musik  |  Osteuropa

Geschichtliche Entwicklung

Gründungsbestand

Die Anfänge des Bestands an historischen Drucken reichen bis zur Gründung der Münchner Hofbibliothek 1558 zurück. Mit dem Ankauf der Privatbibliothek des Orientalisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506 – 1557) erwarb Albrecht V. auch rund 900 Drucke für die Hofbibliothek.

1571 kamen mit der Bibliothek des Augsburger Patriziers und Bibliophilen Johann Jakob Fugger (1516 – 1575) über 9 500 Druckwerke, vornehmlich des 16. Jahrhunderts mit Schwerpunkt auf den Fächern der Altertumskunde, Philologie, Theologie, Geschichte und Jurisprudenz in die Bibliothek. Die Sammlung Fuggers enthielt zudem die 1552 erworbene Bibliothek des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440 – 1514) mit rund 700 Druckschriften des 15. Jahrhunderts.

Unter den Nachfolgern Albrechts V. wurde die Bibliothek weiter ausgebaut, so 1585 durch den Erwerb der Büchersammlung des Augsburger Ratsherrn Johann Heinrich Herwart (1520 – 1583) mit rund 1 500 Bänden wertvoller Musikhandschriften und -drucke sowie 1592 durch die universal angelegte Gelehrtenbibliothek des Augsburger und Eichstätter Domherrn Johann Georg von Werdenstein (1542 – 1608) mit zahlreichen klassischen, philosophischen, theologischen und historischen Werken, sowie juristischer und medizinischer Literatur, italienischer und französischer Dichtung und zahlreichen frühen Musikdrucken des 15. und 16. Jahrhunderts.

17. und 18. Jahrhundert

In den folgenden Jahrhunderten erfuhr die Bibliothek kontinuierlich Zuwachs mit Schwerpunkt auf historischen, staatsrechtlichen und theologischen Schriften. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts betrug der Buchbestand über 18 000 Bände.

Im 18. Jahrhundert bauten die bayerischen Herrscher den Bestand an wertvollen und seltenen Drucken durch Erwerbungen bedeutender Büchersammlungen und Privatbibliotheken weiter aus. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens, erfolgte im Jahr 1773 die Übernahme der Bibliothek des Münchner Jesuitenkollegs mit ca. 23 000 Bänden.

Unter Kurfürst Karl Theodor lag der Erwerbungsschwerpunkt auf französischer und italienischer Literatur. 1783 gelangte die Privatbibliothek des Florentiner Humanisten Petrus Victorius mit zahlreichen italienischen Drucken antiker Autoren aus dem 15. und 16. Jahrhundert in die Hofbibliothek nach München. Die Sammlung von rechtswissenschaftlicher und historischer Literatur wurde durch den Ankauf der Privatbibliothek des Juristen und Akademiegründers Johann Georg von Lori im Jahr 1787 sowie der Privatbibliothek des Juristen und Staatsmannes Wiguläus von Kreittmayr erweitert.

Um 1800 enthielt die Hofbibliothek über 70 000 Bände.

Säkularisation und Überführung der Mannheimer Hofbibliothek

Den größten Zuwachs erhielt die Sammlung historischer Drucke durch die Aufhebung der bayerischen Klöster und ihrer Bibliotheken 1802/03. Deren Schwerpunkt lag auf Literatur der Geistes- und Naturwissenschaften.

1803/04 gelangten mit der Überführung der Mannheimer Hofbibliothek Kurfürst Karl Theodors weitere 100 000 Bände in die Hof- und Staatsbibliothek nach München. Der Schwerpunkt dieser Sammlung lag auf den Fächern der Theologie und Geschichte sowie der Literatur zu Geschichte und Naturwissenschaften und umfasste alle Bereiche zeitgenössischer Universalgelehrtheit.

Nach Abschluss der Neuordnung und Katalogisierung der Druckwerke im Jahr 1818 betrug der Bestand an Drucken über 420 000 Bände sowie über 220 000 Dubletten.

Ordnung der historischen Drucke

Nach dem enormen Zuwachs durch die Säkularisation und die Überführung der Mannheimer Hofbibliothek verdankte die Sammlung ihre Ordnung und Verzeichnung dem Bibliothekar Martin Schrettinger (1772 – 1851). Die Einteilung erfolgte in zwölf Hauptklassen mit ursprünglich etwa 180 Fächern und sogenannten Spezialfächern.

Die Erschließung und Benutzung historischer Drucke erfolgen heute in verschiedenen Abteilungen. Historische Drucke finden sich zum einen unter ihren Fachsignaturen im allgemeinen Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek. Notendrucke, orientalische, asiatische und osteuropäische historische Drucke werden in den entsprechenden Sonderabteilungen katalogisiert und verwahrt. Besonders wertvolle Druckschriften und Sonderbestände verwaltet die Abteilung Handschriften und Alte Drucke.

Das weitere 19. Jahrhundert bis zum 2. Weltkrieg

Im 19. Jahrhundert wuchs der Bestand weiterhin kontinuierlich an. Die Erwerbung berücksichtigte alle Wissensgebiete, so auch Drucke aus den Bereichen der Geistes- und Naturwissenschaften, insbesondere der Philologie und Geschichte der deutschsprachigen und romanischen Länder sowie der Medizin.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelangte durch die Übernahme der Privatbibliotheken von Karl Albrecht von Vacchiery, Johann Kaspar von Lippert und Franz Joseph von Kloeckel sowie durch die Erneuerung der Pflichtablieferungen bayerischer Druckerzeugnisse zahlreiche Literatur über Bayern in die Bibliothek.

Um die Erweiterung des Bestands zu finanzieren, kam es Anfang des 19. Jahrhunderts zur umstrittenen Veräußerung von (vermeintlichen) Dubletten, darunter einer großen Anzahl von Inkunabeln. Die Erlöse ermöglichten den Ankauf der Sammlung des französischen Orientalisten Etienne Quatremère mit ca. 45 000 Drucken des 16. bis 19. Jahrhunderts. Werke aus den Sammlungen der bayerischen Herrscher erweiterten den Bestand an historischen Drucken zusätzlich.

Um 1900 verwaltete die Hof- und Staatsbibliothek ca. eine Million Bände.

Empfindliche Verluste erfuhr die Sammlung historischer Drucke im Zweiten Weltkrieg. Zwar waren die von der Abteilung Handschriften und Alte Drucke verwalteten Spezialsammlungen der Inkunabeln, Blockbücher, Pergamentdrucke und weitere besonders wertvolle Druckschriften seit 1940 ausgelagert, nicht jedoch die allgemeinen Fächer. Bei den Bombenangriffen 1943 wurden etwa 500 000 Bände vernichtet. Aufgrund der systematischen Aufstellung gingen ganze Fächer und Sachgebiete verloren. Darunter befanden sich geistes- und naturwissenschaftliche Fächer, die Bibelsammlung, kunstgeschichtliche Literatur, historisch-geographisches Schrifttum, Altertumskunde, Akademieschriften, Reisebeschreibungen und der Großteil der neueren Dissertationen.

Liste verbrannter Fächer

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg wurde begonnen, die Sammlung wieder aufzubauen. Zahlreiche Wiederbeschaffungen ließen den Bestand ab den 1950er-Jahren wieder anwachsen, auch wenn bis heute nur ein Drittel der im Krieg verbrannten Bücher wiederbeschafft werden konnte.

Trotz sinkender Budgets wird systematisch fachlich übergreifend wissenschaftlich relevante Literatur für die Sammlung erworben und damit der bedeutende Altbestand erweitert. Aufgrund der hohen Preise bedarf es nicht zuletzt der Hilfe von Finanzierungskoalitionen mit Stiftungen, die eine weitere Profilierung und Erweiterung der Sammlung ermöglichen.

Literatur

Kulturkosmos der Renaissance: die Gründung der Bayerischen Staatsbibliothek: Katalog der Ausstellung zum 450-jährigen Jubiläum, 7. März – 1. Juni 2008, und der Schatzkammerausstellung „Musikschätze der Wittelsbacher“, 9. Juni – 6. Juli 2008. Herausgegeben von der Bayerischen Staatsbibliothek; Katalog und Ausstellung: Claudia Fabian ... Wiesbaden: Harrassowitz, 2008. Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellungskataloge. 79.

Lebendiges Büchererbe: Säkularisation, Mediatisierung und die Bayerische Staatsbibliothek. Redaktion: Dieter Kudorfer. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2003. Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellungskataloge. 74.

Thesaurus librorum: 425 Jahre Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellung München 18. August – 1. Oktober 1983. Ausstellung und Katalogredaktion: Karl Dachs und Elisabeth Klemm. Wiesbaden: Reichert, 1983. Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellungskataloge. 28.

Erwerbungen aus drei Jahrzehnten, 1948 – 1978: abendländische und orientalische Handschriften, Inkunabeln und seltene Drucke, Noten und Landkarten: Ausstellung April – Juli 1978. Ausstellung und Katalogredaktion: Karl Dachs ... Wiesbaden: Reichert, 1978. Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellungskataloge. 16.

Handbuch der historischen Buchbestände  (Eintrag Bayerische Staatsbibliothek)

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