Orientalische Handschriften

Überblick

Handschriften aus dem Vorderen Orient sind bereits seit der Gründung der Münchner Hofbibliothek ein wichtiger Bestandteil der Sammlung, der kontinuierlich ausgebaut wurde. Heute besitzt die Bibliothek ca. 5 300 Bände, z. B. arabische, türkische oder hebräische Handschriften, aber auch kleinere Gruppen in armenischer oder syrischer Sprache.

Durch den Ankauf der Bibliothek des Diplomaten und Orientalisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506 – 1557) kamen bereits bei der Gründung ca. 200 orientalische Handschriften in die Münchner Hofbibliothek, u. a. in arabischer, armenischer, hebräischer und syrischer Sprache. Von der Säkularisation profitierte die orientalische Sammlung zwar nur von wenigen, dafür aber umso bedeutenderen Handschriften wie dem weltberühmten Babylonischen Talmud.

Im 19. Jahrhundert wurden zahlreiche orientalische Handschriften durch Privatkäufe erworben, die für einschlägige Lehrstühle und deren Literaturbedarf erforderlich waren. Die spektakulärste Erwerbung war der Ankauf der Bibliothek von Étienne Quatremère (1782 – 1857), die 1 250 Handschriften aus dem Nahen Osten und aus Indien enthielt.

Übersicht nach Sprachen

Arabische Handschriften – Cod.arab.

Die Sammlung der Codices arabici (Cod.arab. 1 – 2836) umfasst derzeit mehr als 3 100 Bände und ist somit der größte Fond im Bereich des Vorderen Orient. Deren Zeitspanne erstreckt sich vom 9. bis zum 19. Jahrhundert.

Die Aufstellung erfolgte in durchgehender Signaturen-Folge, zunächst systematisch (Cod.arab. 1 – 937), dann fortlaufend in der Reihenfolge ihrer Erwerbung. Auch geschlossene Sammlungen wie die Sammlung Glaser (Cod.arab. 1178 – 1334), ein 1902 aus dem Jemen erworbenes Handschriftenkonvolut, fanden Eingang in den Bestand.

Zu den Spitzenstücken der arabischen Handschriften gehören insbesondere einige Prachtkorane und illuminierte Texte:

Qurʾān (Koran) aus Sevilla  (Cod.arab. 1)
al-Kazwini: Die Wunder der Schöpfung  (Cod.arab. 464)
Goldkoran  (Cod.arab. 1112)

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Armenische Handschriften – Cod.armen.

Das Fach der Codices armenici (Cod.armen. 1 – 28) umfasst heute 30 Bände, doch bereits im Gründungsbestand der Hofbibliothek – in Gestalt der Sammlung von Johann Albrecht Widmanstetter – waren drei armenische Handschriften enthalten. Sie stammen aus dem 13. bis 18. Jahrhundert und beinhalten v. a. theologische Texte, aber auch Werke zur armenischen Geschichte und Wörterbücher.

Die älteste Handschrift ist ein armenisches Tetraevangelium, ein sehr schöner Pergamentcodex aus dem Jahr 1278 (Cod.armen. 1).

Eusebius von Caesarea: Tetraevangelium  (Cod.armen. 1)

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Hebräische und jiddische Handschriften – Cod.hebr.

Die Sammlung der Codices hebraici (Cod.hebr. 1 – 517) ist mit 694 Bänden und 183 Fragmenten eine der größten und bedeutendsten im deutschsprachigen Gebiet. Ihre Entstehungszeit erstreckt sich vom 12. bis zum 18. Jahrhundert. Neben der überwiegenden Form des gebundenen Buches (Codex) gibt es auch zahlreiche (Thora-)Rollen. Auch wenn die hebräischen Handschriften ihrer Sprache entsprechend den Orientalia zugerechnet werden, so sind sie doch zumeist in Europa (v. a. Deutschland, Frankreich und Spanien) entstanden.

Ein beträchtlicher Teil der Handschriften wurde bereits mikroverfilmt bzw. digitalisiert.

Der Grundstock der Sammlung an hebräischen und jiddischen Handschriften war bereits in der Bibliothek des Orientalisten Johann Albrecht Widmanstetters (1506 – 1557) enthalten, die dem Gründungsbestand der Hofbibliothek zuzurechnen ist.

Die Aufstellung erfolgte in durchgehender Signaturen-Folge ohne systematische Gliederung, zunächst jedoch getrennt nach Formaten: Die größten Bücher (Folianten) finden sich im Bereich Cod.hebr. 1 – 154, worauf – mit einer entsprechenden Lücke – die Handschriften im Quart-Format folgen (Cod.bebr. 200 – 396). Die kleinsten Bücher schließlich nehmen den Signaturbereich Cod.hebr. 400 – 418 ein. Ab Cod.hebr. 419 wurde dieses Aufstellungssystem schließlich aufgegeben und die Bände fortlaufend und somit unabhängig von ihrer Größe in der Reihenfolge ihres Eingangs gezählt (Numerus currens).

Das mit Abstand bedeutendste Stück der Sammlung stellt der weltberühmte Baylonische Talmud (Cod.hebr. 95) dar, der 1342 in Frankreich entstand und als einziger mittelalterliche Codex dieses Textes beinahe unversehrt erhalten geblieben ist. Zu den weiteren herausragenden Handschriften zählt unter anderem die Tegernseer Haggada (Cod.hebr. 200).

Würzburger Bibelkommentar  (Cod.hebr. 5(1 und Cod.hebr. 5(2)
Machsor für Neujahr, Versöhnungstag und Laubhüttenfest  (Cod.hebr. 86)
Babylonischer Talmud  (Cod.hebr. 95)
Sammlung jiddischer Erzählungen  (Cod.hebr. 100)
Ibn-Abi-Suhula, Yitshak ben Shelomoh: Hebräische Fabelsammlung (Meshal ha-kadmoni)  (Cod.hebr. 107)
Passah-Haggada  (Cod.hebr. 200)
Sammlung von jüdisch-deutschen bzw. hebräischen Stücken und Notizen  (Cod.hebr. 235)
Bibel mit Masora  (Cod.hebr. 392)

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Paschtunische Handschriften – Cod.Paschto

Die 22 afghanischen bzw. paschtunischen Handschriften (Codices Paschto) stammen überwiegend aus der Sammlung des Orientalisten Ernst Trumpp (1828 – 1885).

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Persische Handschriften – Cod.pers.

Unter dem Fach Codices persici (Cod.pers. 1 – 538) sind aktuell 546 persische Handschriften aufgestellt, die im 14. bis 19. Jahrhundert entstanden.

Die Bände wurden in durchgehender Signaturen-Folge aufgestellt und bis Cod.pers. 351 auch systematisiert. Ab Cod.pers. 352 wurden die Bände dann fortlaufend in der Reihenfolge ihres Eingangs gezählt (Numerus currens).

Besonders bemerkenswert sind vor allem die persischen Miniaturhandschriften und Lackeinbände, wie beispielsweise das „Šāhnāma“ (das persische Buch der Könige, Cod.pers. 10), eine Miniaturen-Handschrift aus dem Iran (1497), oder auch ein reich verzierter iranischer Ledereinband aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, der ursprünglich einen Koran enthielt (Cod.pers. 465).

Königsbuch  (Cod.pers. 10)
Ledereinband für einen Koran  (Cod.pers. 465)

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Syrische Handschriften – Cod.syr.

In der Gruppe der Codices syrici (Cod.syr. 1 – 29) sind 33 syrische Handschriften aus dem 13. bis 20 Jahrhundert zu finden.

Besonders wertvoll ist der Entwurf eines syrischen Wörterbuches von der Hand des Orientalisten Johann Albrecht Widmanstetter (1506 – 1557) und des syrisch-orthodoxen Bischofs Moses von Mardin (ca. 1549 – 1592).

Syrisches Wörterbuch  (Cod.syr. 1)

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Türkische Handschriften – Cod.turc.

Die 750 Handschriften der Codices turcici stammen aus der Zeit des 15. bis 19. Jahrhunderts. Sie sind unter Cod.turc. 1 – 750 in durchgehender Signaturen-Folge aufgestellt und bis Cod.turc. 295 systematisiert. Ab Cod.turc. 296 wurden die Bände dann fortlaufend in der Reihenfolge ihres Eingangs gezählt (Numerus currens).

Eines der wertvollsten Stücke ist das Gebetbuch der Haremsdame Düzdidil (Cod.turc. 553), ein äußerst luxuriös ausgestatteter Prachtband, sowie ein Osmanisches Papierschnittbuch aus dem 16. Jahrhundert (Cod.turc. 428).

Gebetbuch der Haremsdame Düzdidil  (Cod.turc. 553)
Osmanisches Papierschnittbuch  (Cod.turc. 428)

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Zend-Handschriften – Cod.Zend

Bei den 111 Zend-Handschriften (Cod.Zend 1 – 105) handelt es sich um Texte der Zarathustra-Religion in Avestisch, Pahlavi, Neupersisch, Sanskrit und Gujarati. Sie enthalten Kommentare zur und Übersetzungen der Avesta, der heiligen Schriften des Zoroastrismus.

Dieser Bestand stammt vor allem aus den angekauften Nachlässen der Orientalisten Marcus Joseph Müller (1809 – 1874) und Prof. Dr. Martin Haug (1827 – 1876). Ein Beispiel ist die die Pahlavi-Version des Mātīkān-i-Yvišt-i-Fryān, die 1397 in Indien entstand (Cod.Zend 51 b).

Pahlavi-Version des Mātīkān-i-Yvišt-i-Fryān  (Cod.Zend 51 b)

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Kleine Handschriftenfonds

Der Bestand an orientalischen Handschriften umfasst auch die folgenden Sprachenfächer, die jeweils nur ein einziges Textzeugnis beinhalten.

  • Baluci-Handschrift – Codex Baluci 1:
    Eine Handschrift aus Belutschistan (Pakistan) aus dem Besitz des Orientalisten Ernst Trumpp (1828 – 1885).
  • Kurdische Handschrift – Codex curdicus 1:
    Ein Konvolut von Texten in kurdischer Sprache.
  • Mandäische Handschrift – Codex mandaicus 1:
    Mandäisch ist eine ostaramäische Sprache. Diese Handschrift entstammt der Sammlung Quatremères und enthält den „Sidra Rabba“ (mandäisch für „Großes Buch“), die Heilige Schrift des Mandäismus.

Orientalische Polyglotte – Cod.or.polygl.

Unter der Signatur Cod.or.polygl. 1 finden sich insgesamt 7 Hefte orientalischer und indischer Polyglotte (u. a. in Kurdisch und Hindi), die als Teil der Sammlung des Étienne Quatremère nach München gekommen sind. Es handelt sich hierbei um Übersetzungen arabischer Fabeln, die wohl zu sprachvergleichenden Zwecken angefertigt worden sind.

Weiterführende Informationen

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