Generaldirektor Rudolf Buttmann
Rudolf Buttmann (1885 – 1947) wurde am 4. Juli 1885 im unterfränkischen Marktbreit geboren. Er wuchs in Zweibrücken in der Pfalz auf, wo sein Vater ab 1. Juli 1892 am Humanistischen Gymnasium unterrichtete. Nach dem Abitur, das er 1903 an eben dieser Schule ablegte, studierte Buttmann an den Universitäten München, Freiburg und Berlin Rechtswissenschaften. Während des Militärdienstes entschied er sich dafür, die Laufbahn des höheren Bibliotheksdienstes einzuschlagen. Im März 1908 trat er als Praktikant in die Bayerische Staatsbibliothek ein, im Juni 1909 legte er mit gutem Erfolg die Fachprüfung ab. Parallel dazu fertigte er seine Dissertation über den englischen Nationalökonomen Richard Jennings an. 1910 wurde er von Lujo Brentano (1844 – 1931) an der Universität München zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert. Im selben Jahr wechselte er von der Bayerischen Staatsbibliothek an die Bibliothek des Bayerischen Landtags, wo er bis 1933 tätig war, zuletzt im Rang eines Oberbibliothekars.
Seit der Revolution von 1918/19 engagierte sich Rudolf Buttmann außerdem sehr stark in der Politik. Er betrieb Ende 1918 die Gründung einer Bürgerwehr in München. Parteipolitisch war er zunächst in der Bayerischen Mittelpartei (Ortsgruppe München), der Deutschnationalen Volkspartei in Bayern, aktiv. Nachdem er im Herbst 1922 ausgeschlossen worden war, gründete er den Völkischen Rechtsblock in Bayern mit. Dieser bestand im Kern aus der früheren Ortsgruppe der Bayerischen Mittelpartei, die extrem völkisch agiert und die Koalitionsbereitschaft der Parteispitze kritisiert hatte. Über den Völkischen Block zog Buttmann 1924 als Abgeordneter in den Bayerischen Landtag ein. Der Völkische Block stellte keine Partei im engeren Sinn dar, sondern war ein Zusammenschluss diverser Organisationen, die sich nach dem Verbot der NSDAP infolge des Hitlerputsches am 8./9. November 1923 als deren Ersatz verstanden. Am 27. Februar 1925 trat Buttmann der NSDAP bei – im Verlauf jener Veranstaltung, in der Adolf Hitler (1889 – 1945) die Partei neu gründete. Auf diesen Umstand ist seine niedrige Mitgliedsnummer, die Vier, zurückzuführen. Im selben Jahr übernahm er die Führung der NS-Fraktion im Bayerischen Landtag. Daneben setzte er sich als Redner und Verfasser politischer Artikel für die nationalsozialistische Bewegung ein.
Nach der Machtübernahme 1933 ging Rudolf Buttmann bei der Verteilung der Ministerposten in Bayern wider Erwarten leer aus. Im April dieses Jahres trug ihm Reichsinnenminister Wilhelm Frick (1877 – 1946) schließlich die Leitung der kulturpolitischen Abteilung in seinem Haus an. In den folgenden beiden Jahren war Buttmann in erster Linie damit beschäftigt, mit hochrangigen Vertretern der katholischen Kirche wie Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli (1876 – 1958, ab 1939 Papst Pius XII.) über die praktische Umsetzung des Konkordats zu verhandeln, das die Hitler-Regierung am 20. Juli 1933 mit dem Heiligen Stuhl abgeschlossen hatte. Die Hoffnungen, die Buttmann mit dem Posten im Reichsinnenministerium zunächst verband, sollten sich jedoch nicht erfüllen. Zum einen wurden seine Kompetenzen wiederholt beschnitten, zum anderen geriet er über Sachfragen in Gegensatz zu Frick und Hitler. Bereits Anfang Februar 1934 begann Buttmann über berufliche Alternativen nachzudenken und den Spitzenposten an der Bayerischen Staatsbibliothek ins Auge zu fassen.
Sobald er im Frühjahr 1935 von der Absetzung Georg Reismüllers (1882 – 1936) hörte, leitete Rudolf Buttmann die entsprechenden Schritte ein. Hitler und Frick unterstützten ihn und setzten seinen Wechsel von Berlin nach München schließlich durch, „[o]hne weitere zuständige Stellen ordnungsgemäß zu beteiligen“. Am 3. Oktober 1935 händigte Frick Buttmann die Ernennungsurkunde aus, zwei Tage später betrat Letzterer die Bayerische Staatsbibliothek – „zum ersten Mal seit 25 Jahren als ihr Beamter“. Sein Handeln als Generaldirektor oszillierte zwischen der Anpassung an Vorgaben der Nationalsozialisten und dem Festhalten an alten Gewohnheiten. Buttmann war vom Nationalsozialismus überzeugt, agierte jedoch in erster Linie als Bibliothekar. Selten entzog er sich Anweisungen von vorgesetzten Stellen.
Am 19. Mai 1945 internierte die US-amerikanische Militärregierung Buttmann. Infolge einer schweren Krankheit verstarb er am 25. Januar 1947 – nach Hause zurückgekehrt – in Stockdorf bei München. Postum wurde im Sommer 1948 ein Spruchkammerverfahren eingeleitet. Die Spruchkammer Starnberg stufte Buttmann im November 1948 in die Gruppe der Belasteten ein. Die Berufungskammer für Oberbayern entschied dagegen im März 1949, ihn der Kategorie der Minderbelasteten zuzuordnen. In der Beurteilung der Schuld legten beide Kammern übereinstimmend den Schwerpunkt auf Buttmanns parteipolitische Betätigung vor 1933.