Über die Sammlung

Überblick

Die asiatische Sammlung zählt circa 366 000 gedruckte Bände originalschriftlicher Literatur und 12 150 Handschriften in den Sprachen Chinesisch, Japanisch, Koreanisch, Mongolisch, Tibetisch, Singhalesisch und denjenigen des indischen Subkontinents und Südostasiens. Diese Fonds stellen national und international bedeutende Ressourcen für Wissenschaft und Forschung dar.

Geographischer Fokus

Geographisch ist die Erwerbung von originalsprachigen Monographien, Zeitschriften und E-Medien auf Südasien, Zentralasien und Ostasien fokussiert.

Inhaltliche Schwerpunkte

Die Sekundärliteratur in westeuropäischen Sprachen wird breit gefächert erworben. Inhaltliche Sammlungsschwerpunkte der originalsprachigen Erwerbungen sind die geisteswissenschaftlichen Fächer Philosophie, Religion (Buddhismus, Daoismus, Hinduismus, Islam in Asien), Geschichte, Archäologie, Sprach- und Literaturwissenschaft, Volkskunde, Architektur und Kunst sowie klassische Texteditionen. 

Handschriften

Die Orient- und Asienabteilung betreut die asiatischen Handschriften fachlich (Ankauf, Fachinformation, Führungen, Ausstellungswesen), während die Abteilung Handschriften und Alte Drucke diese verwaltet und für deren Benutzung zuständig ist. Die orientalischen Handschriften sind im Lesesaal Handschriften Alte Drucke zu benutzen.

In der Gegenwart sind die bestimmenden Faktoren der Erwerbungspolitik für asiatische Handschriften die wissenschaftliche Relevanz von Texten und der ästhetisch-museale Aspekt.

Die 11 650 asiatischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek verteilen sich auf folgende Regionen: 1 700 Objekte stammen aus Zentralasien, 2 600 aus Südasien, 4 100 aus Südostasien und schließlich 3 250 aus Ostasien. Die Beschreibstoffe sind ungewöhnlich vielfältig: Papier, Leder, Palmblatt, Dluwang, Birkenrinde, Bambus, Holz, Stoff, Elfenbein, Knochen, Stein, Gold, Silber und andere Metalle. Die asiatischen Handschriften sind nach Sprachen geordnet.

Handschriftenkataloge

Literatur zu einzelnen Handschriften finden Sie in der „Forschungsdokumentation Handschriften“.
Forschungsdokumentation Handschriften

Übersicht der Handschriftengruppen und -signaturen

Südasien
BengaliCod.beng.
ChakmaCod.Chakma
GujaratiCod.guj.
HindiCod.hind.
KannadaCod.Kann.
LepchaCod.Lepcha
MalayalamCod.Malayal.
MarathiCod.Marathi
NepalesischCod.nepal.
OriyaCod.Oriya
PaliCod.pal.
PanjabiCod.panj.
RajastaniCod.Raj.
SanskritCod.sanscr.
SindhiCod.Sindhi
SinghalesischCod.singh.
TamilCod.tam.
TeluguCod.Telugu
UrduCod.Urdu
Zentralasien
MandschuCod.Mandschu
MongolischCod.mongol.
TibetischCod.tibet.
Südostasien
BirmanischCod.birm
BatakCod.Batak
Javanesisch, BalinesischCod.jav.
KambodschanischCod.kamb.
LampungCod.Lamp.
LaotischCod.laot.
MalaiischCod.malai.
PhilippinenCod.philipp.
Thai (Siamesisch)Cod.siam
Ostasien
ChinesischCod.sin.
JapanischCod.jap.
KoreanischCod.cor.
NachiCod.Nachi

Geschichte der asiatischen Sammlung

17. und 18. Jahrhundert

Die Anfänge der asiatischen Sammlung reichen bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück. Bücher aus Ostasien gelangten über Händler, Reisende und christliche Missionare nach Europa. Vermutlich überbrachten Jesuiten-Missionare im 17. und 18. Jahrhundert die ersten Bände aus Ostasien als Geschenke, darunter auch in China hergestellte Drucke der christlichen Mission.

Von der Auflösung des Jesuitenordens 1773 und der Säkularisation der bayerischen Klöster 1803 profitierten die asiatischen Fonds der Bibliothek. Auch mit der Überführung der Mannheimer Hofbibliothek nach München 1803/04 wurde der asiatische Bestand der Münchner Hofbibliothek erweitert, als Beispiel sei das „Hongpiao“ von 1716 (Cod.sin. 2931) genannt.

Hongpiao von 1716  (Cod.sin. 2931)

19. Jahrhundert bis 1953

Ein systematischer Ausbau der asiatischen Sammlung setzte erst im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem steigenden Interesse an Asien und der Einrichtung von einschlägigen Lehrstühlen an den Universitäten ein.

Sammlungen von Karl Friedrich Neumann und Onorato Martucci

Eine bedeutende Ausweitung erfuhren die asiatischen Bestände durch den Ankauf von Werken, die der Sinologe Karl Friedrich Neumann (1793 – 1870) von einer Chinareise in den Jahren 1830/31 mitgebracht hatte. Damit wurde der Grundstein der sehr umfangreichen chinesischen Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek gelegt. 1851 übergab Ludwig I., der die sinologische Sammlung förderte, 2 700 Bände aus der Bibliothek des Weltreisenden Onorato Martucci (1774 – 1846) an die damalige Hof- und Staatsbibliothek.

Ankauf der Bibliothek des französischen Orientalisten Etienne Marc Quatremère

Die spektakulärste Erwerbung in der Geschichte der Sammlung war 1858 der Ankauf der riesigen Bibliothek des französischen Orientalisten Etienne Marc Quatremère (1782 – 1857). Diese gigantische Erwerbung war keineswegs unumstritten, denn zur Finanzierung der Sammlung veräußerte der damalige Bibliotheksdirektor Karl Halm (1809 – 1882) teilweise äußerst wertvolle Dubletten, darunter eine Gutenbergbibel, die nach heutiger Betrachtungsweise keinesfalls als solche bewertet würden. Quatremères Büchersammlung umfasste ursprünglich circa 50 000 Bände und 1 250 orientalische Handschriften neben 250 abendländischen Manuskripten. Nach der Aussonderung von 20 000 dubletten Titeln noch in Paris erfolgte die Einreihung der Handschriften und noch verbliebenen 30 000 Drucke, darunter 2 000 Bände in Chinesisch, Mandschurisch und Mongolisch.

Die Sammlungen Müller, Haug, Trumpp und Jolly

Wenige Zeit später gelang die Akquisition der Sammlung des Orientalisten Marcus Joseph Müller (1809 – 1874), die wichtige Zend-Handschriften enthielt, sowie derjenigen des Indologen Martin Haug (1827 – 1876), die sich durch 343 Sanskrithandschriften auszeichnete. Die Reihe wichtiger Käufe setzte sich mit den Sammlungen des Semitisten Ernst Trumpp (1828 – 1885) und des Indologen Julius Jolly (1849 – 1932) fort, durch die vor allem Handschriften in indischen Sprachen in die Bibliothek gelangten.

Einkaufsreise in den 1920er Jahren nach China, Japan und Korea

Eine sehr wichtige Erwerbung tätigte Georg Reismüller (1882 – 1936) Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts auf einer Einkaufsreise nach China, Japan und Korea.

Ankauf der Bibliothek des Sinologen Carl Hentze

1953 wurde die Sinica-Sammlung durch den Ankauf der Bibliothek des Sinologen Carl Hentze (1883 – 1975) bereichert.

Erwerbungen seit 1970

Seit 1973 hat sich die Anzahl der orientalischen und asiatischen Handschriften von 3 300 auf heute 18 400 verfünffacht. Das Hauptaugenmerk galt dabei ganz besonders dem Ausbau wertvoller und umfangreicher Quellensammlungen aus Zentral- und Südasien, aus Südostasien und dem Fernen Osten. Hier bestanden bis dato überwiegend nur kleine Fächer. Teils durch konsequente Erwerbung von Einzelstücken und kleinen Gruppen, teils durch den Ankauf geschlossener großer Sammlungen konnten bis heute 51 Sprachfächer neu eingerichtet werden.

Handschriften aus Sri Lanka, Myanmar und Thailand, Sanskrit- und Oriya-Kodizes, chinesische Handschriften, tibetische Buchdeckel, Handschriften aus Japan

Die Anlage besonders umfangreicher Fonds begann 1976 für Handschriften aus Sri Lanka, Myanmar und Thailand. 1977 folgten solche aus Indien für Sanskrit- und Oriya-Kodizes sowie für Handschriften aus Tibet. Ab 1978 kam eine Reihe zum Teil sehr kostbarer chinesischer Handschriften hinzu. Die Sammlung kunstvoll geschnitzter oder bemalter tibetischer Buchdeckel, die mittlerweile auf mehr als 100 Objekte angewachsen und auch im internationalen Rahmen einzigartig ist, wurde 1975 begonnen. Eine Gruppe von zahlenmäßig mittlerer Größe, dafür von um so höherem Wert, wurde seit 1984 für Handschriften aus Japan angelegt.

Japanische Drucke vor 1868, Reprints des Siku quanshu und des mandschurischen Kanjurs

Dank einer Drittmittelfinanzierung wurde der Fond japanischer Drucke vor 1868, dem Jahr der Öffnung Japans nach Westen, in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mit weit mehr als 2 000 Bänden signifikant erweitert. Zwischen 1984 und 2004 war die Bibliothek imstande, ein Reprint des Siku quanshu, der größten Büchersammlung zur chinesischen Kultur und Geschichte und wahrscheinlich das ehrgeizigste redaktionelle Unternehmen in der Weltgeschichte, sowie Nachdrucke sämtlicher Folgepublikationen mit großzügigen Drittmitteln anzukaufen. Außerdem gelang die Akquisition eines Reprints des mandschurischen Kanjurs in 108 Bänden.

Palmblatthandschriften aus Bali, Tamil-Handschriften aus Südindien, Yao-Sammlung, mongolische und tibetische Handschriften

Die nächsten großen Erwerbungen nicht nur qualitativ sondern auch quantitativ sehr relevanter Bestände erfolgten mit dem Ankauf von Palmblatthandschriften aus Bali seit 1984 und von Tamil-Handschriften aus Südindien seit 1987. Eine sehr beachtliche Sammlung des in Südchina und in verschiedenen Staaten Südostasiens beheimateten Volkes der Yao kam schrittweise seit 1989 hinzu und schließlich gelang nach dem Fall des Kommunismus ab 1996 der Aufbau einer Sammlung mongolischer Handschriften. 2005 wurde der Bestand um sehr selten auf dem Antiquariatsmarkt zu findende tibetische Musiknotenhandschriften und 2006 um ein Konvolut äußerst wertvoller tibetischer Handschriften aus der Mongolei sowie um weitere tibetische Musiknoten bereichert.

Blockdrucke des buddhistischen Kanons

Einen wichtigen Sammelschwerpunkt bilden Blockdrucke des buddhistischen Kanons in verschiedenen Sprachen Asiens. Besondere Beachtung verdienen der Lhasa-Kanjur in 100 Bänden (2 L.tibet 1) und der Derge-Tanjur in 212 Bänden (2 L.tibet. 50a), die von den Originaldruckstöcken abgezogen wurden.

Literatur

Reismüller, Georg: Hundert Jahre Bayerische Staatsbibliothek im Dienste der Wissenschaft vom Orient. In: Die Bayerische Staatsbibliothek in den letzten hundert Jahren. München, 1932. S. 25-30.

Grönbold, Günter: Die orientalischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksforum Bayern 9 (1981), S. 68-84.

Grönbold, Günter: Knochen, Stein und Elfenbein: ungewöhnliche Textträger in Bibliotheken. In: Bibliotheksforum Bayern 14 (1986), S. 122-136.

Rebhan, Helga: Tibetische Handschriften aus der Mongolei: eine hochpreisige Erwerbung der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksmagazin (2007) 2, S. 24-28.

Rebhan, Helga: Ausstellungen orientalischer und asiatischer Bestände der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Griebel, Rolf; Ceynowa, Klaus (Hrsg.): Information, Innovation, Inspiration: 450 Jahre Bayerische Staatsbibliothek. München: Saur, 2008. S. 639-665.

Rebhan, Helga: Asian Manuscripts in the Bavarian State Library, Munich. In: IIAS Newsletter 46 (2008), S. 38.

Rebhan, Helga: Liebe, Götter und Dämonen: wertvolle asiatische Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksforum Bayern 1 (2008), S. 23-27.

Helga Rebhan: Hoher Besuch vom Dach der Welt. In: Bibliotheksmagazin (2008) 1, S. 33-34.

Stephan, Renate: Kaiserlicher Glanz in modernem Ambiente: wichtige Erwerbungen der Ostasienabteilung. In: Bibliotheksmagazin (2008) 1, S. 12-17.

Rebhan, Helga: Seine Heiligkeit Drikung Kyabyön Chetsang Rinpoche in der BSB. In: Bibliotheksmagazin (2009) 2, S. 53-57.

Tabery, Thomas: Hoher Besuch: Prinzessin Maha Chakra Sirindhorn in der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksmagazin (2009) 3, S. 18-21.

Tabery, Thomas; Holbach, Werner: Die Retrokonversion der Ostasienkataloge der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 59 (2012), S. 12-19.

Rebhan, Helga: Orientalische und asiatische Handschriften und seltene Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Ceynowa, Klaus; Hermann, Martin (Hrsg.): Bibliotheken: Innovation aus Tradition: Rolf Griebel zum 65. Geburtstag. Berlin: De Gruyter Saur, 2014. S. 322-333. Verfügbar unter: http://dx.doi.org/10.1515/9783110310511 [Zugriff am 21.03.2016].

Ausstellungen

Dachs, Karl (Hrsg.): Erwerbungen aus drei Jahrzehnten: 1948 – 1978: Bayerische Staatsbibliothek: abendländische und orientalische Handschriften, Inkunabeln und seltene Drucke, Noten und Landkarten: Ausstellung April – Juli 1978. Wiesbaden: Reichert, 1978.

Dachs, Karl (Hrsg.): Das Buch im Orient: Handschriften und kostbare Drucke aus zwei Jahrtausenden: Ausstellung, 16. November 1982 – 5. Februar 1983. Wiesbaden: Reichert, 1982.

Dachs, Karl (Hrsg.): Thesaurus librorum: 425 Jahre Bayerische Staatsbibliothek: Ausstellung München 18. August – 1. Oktober 1983 = 425 years Bavarian State Library: exhibition. Wiesbaden: Reichert, 1983.

Grönbold, Günter: Tibetica in der Bayerischen Staatsbibliothek: Ausstellung anläßlich des 4. Seminars der International Association for Tibetan Studies vom 21. bis 27. Juli 1985 in Schloß Hohenkammer. München: Bayerische Staatsbibliothek, 1985.

Grönbold, Günter: Tibetische Buchdeckel: Ausstellung 8. April bis 1. Juni 1991. München: Bayerische Staatsbibliothek, 1991.

Dufey, Alfons: Kalligraphische japanische Werke der Bayerischen Staatsbibliothek: Ausstellung München 12. September bis 28. Oktober 1988. München: Bayerische Staatsbibliothek, 1988.

Höllmann, Thomas O. (Hrsg.): Botschaften an die Götter: religiöse Handschriften der Yao: Südchina, Vietnam, Laos, Thailand, Myanmar: Ausstellung 4. November – 22. Dezember 1999. Wiesbaden: Harrassowitz, 1999.

Noichl, Elisabeth (Hrsg.): Schrift-Stücke: Informationsträger aus fünf Jahrtausenden: eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek und des Bayerischen Hauptstaatsarchivs: München, 19. Juli – 20. September 2000. München: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns; Bayerische Staatsbibliothek, 2000.

Grönbold, Günter: Die Worte des Buddha in den Sprachen der Welt = The words of the Buddha in the languages of the world: Tipitaka – Tripitaka – Dazangjing – Kanjur: eine Ausstellung aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek, München, 27. Januar – 20. März 2005. Mit einem Beitrag von Renate Stephan. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2005.

Rebhan, Helga (Hrsg.): Liebe, Götter und Dämonen: wertvolle asiatische Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek: Ausstellung 2. – 27. Januar 2008. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2007.

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