Mongolisch

Im Überblick

Die mongolische Sammlung zählt ca. 3 500 gedruckte Bände, 480 Handschriften und Blockdrucke in originalschriftlicher Literatur, die in uigurisch-mongolischer Schrift und in kyrillischer Schrift abgefasst sind. Die uigurisch-mongolische Schrift wird heute noch von den Mongolen in China verwendet, während sich in der Mongolei seit 1950 das kyrillische Alphabet als Verkehrsschrift durchgesetzt hat.

Inhaltliche Schwerpunkte

Inhaltliche Sammlungsschwerpunkte sind die für die Mongolistik relevanten geisteswissenschaftlichen Fächer Philosophie, Religion – hier vor allem zum Buddhismus –, Geschichte, Archäologie, Sprach- und Literaturwissenschaft, Volkskunde, Architektur und Kunst sowie Texteditionen klassischer mongolischer Literatur. Für den Mongolisten ist auch die Literatur von und über die Burjaten und Kalmücken von besonderem Interesse. Burjaten und Kalmücken sind zwei größere mongolische Volksstämme, die heute hauptsächlich in Russland leben. Da die Kalmücken im europäischen Teil Russlands leben, gelten sie als das einzige buddhistische Volk Europas.

Wissenschaftliche Texteditionen mit Übersetzungen und Sekundärliteratur zur Mongolistik in west- und osteuropäischen Sprachen werden breit gefächert erworben.

Handschriften

In der Gegenwart sind die bestimmenden Faktoren der Erwerbungspolitik für mongolische Handschriften die wissenschaftliche Relevanz von Texten und der ästhetisch-museale Aspekt. Die Orient- und Asienabteilung betreut die mongolischen Handschriften fachlich (Ankauf, Fachinformation, Führungen, Ausstellungen), während die Abteilung Handschriften und Alte Drucke diese verwaltet und für ihre Benutzung zuständig ist. Die mongolischen Handschriften und Blockdrucke sind im Lesesaal Handschriften und Alte Drucke zu benutzen.

Kataloge

Handschriftenkataloge

Sin.Quatremère

  • Heissig, Walther: Mongolische Handschriften, Blockdrucke, Landkarten. Band 1. Wiesbaden: Steiner, 1961. Verzeichnis der orientalischen Handschriften in Deutschland. 1.

Cod.mongol. = Codices mongolici

Kataloge für mongolische Drucke

Die mongolischen Drucke sind in BSB DISCOVER! recherchierbar.
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Geschichte der mongolischen Sammlung

Blockdrucke aus der Bibliothek Quatremère

Vier mongolische Blockdrucke (Sin.Quatremère) aus dem frühen 18. Jahrhundert erwarb die damalige Münchner Hofbibliothek durch den Ankauf der Bibliothek des französischen Orientalisten Étienne-Marc Quatremère im Jahr 1858. Im überschaubaren Rahmen hielten sich mongolische Neuerwerbungen im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Wissenschaftliche Erwerbung von Mongolica

Die gezielt wissenschaftliche Erwerbung von Mongolica setzte in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ein. Seit dieser Zeit akquiriert die Bayerische Staaatsbibliothek mongolische Blockdrucke und Handschriften sowie mongolische Literatur aus der Mongolei und aus China. Zum Teil handelt es sich inhaltlich bei den Blockdrucken und Handschriften um Übersetzungsliteratur aus dem Chinesischen und Sanskrit aber auch um buddhistische Texte aus dem Tibetischen.

Konvolut von 26 tibetischen Handschriften aus der Mongolei

Höhepunkte für eine jede Sammlung sind Momente, in der sie durch ein größeres und wertvolles Konvolut ergänzt werden kann. So konnte die Bayerische Staatsbibliothek 2006 dank Spenden 26 tibetische Handschriften aus der Mongolei erwerben. Bis auf vereinzelte Ausnahmen wird der buddhistische Kanon in den mongolischen Klöstern auf Tibetisch gelesen. Für diese Praxis entstanden auch in mongolischen Klöstern tibetische Handschriften und Blockdrucke. Leider wurden in den Zeiten des Kommunismus nicht nur zahlreiche Klöster zerstört, sondern mit ihnen auch das buddhistische Kulturgut.

Beispiele aus dem Bestand

Im Folgenden werden einige Beispiele erwähnt, die sowohl die inhaltliche Breite der Sammlung erahnen lassen als auch den weiten geographischen Raum, in dem die Mongolica entstanden sind.

Aus dem 17./18. Jahrhundert stammt eine mongolische Sūtrahandschrift, die in Peking angefertigt wurde.
Sūtrahandschrift  (Cod.mongol. 76) 

Ein zweisprachiges – tibetisch und mongolisch – Spitzenstück kam mit einem Konvolut von 26 tibetischen Handschriften aus der Mongolei 2006 in die Bayerische Staatsbibliothek. Das tibetische Totenbuch der Gelugpa-Schule enthält nicht nur eine mongolische Parallelübersetzung, sondern ist mit fast 100 Miniaturen außerordentlich reich illuminiert (Cod.tibet. 901).

Zu den frühen Erwerbungen der Bibliothek zählt eine mongolische Arithmetik, die 1837 in Kasan von Aleksandr Popov in der damals noch üblichen uigurisch-mongolischen Schrift verfasst wurde. Die Abbildung zeigt auch die uigurisch-mongolischen Ziffern.
Mongolische Arithmetik  (A.or. 3209)

Issak Jakob Schmidt, ein bedeutender Mongolist, gibt 1829 in St. Petersburg Erdeni-yin tobchi des mongolischen Geschichtsschreibers Saghang Sechen aus dem 17. Jahrhundert mit deutscher Übersetzung heraus. Diese Edition ist gleichzeitig die erste Übersetzung eines mongolischen Werks in eine europäische Sprache.
Saghang Sechen: Die Geschichte der Ostmongolen  (4 A.or. 2082 und 4 Geo.u. 135 aq

Bernhard Jülg bringt 1866 in Leipzig eine für den mongolischen Kulturkreis einflussreiche indische Märchensammlung auf Kalmückisch heraus.
Die Märchen des Siddhi-Kür  (A.or. 2580)
(kalmückischer Text mit deutscher Übersetzung und einem kalmückisch-deutschen Wörterbuch)

Nach Kriegsverlusten konnten eine mongolische Ausgabe des Matthäus- und Johannesevangeliums wieder beschafft werden und ein burjatisches Matthäusevangelium in kyrillischer Schrift.
Evangelium S. Matthaei et Joannis. 1815  (2 B.orient. 41)
 ♦    Matf'ejn arjūn evángelie gėži nėrėtėj nom. Irkutsk, 1909.  (B.orient. 11 q)

Literatur

Meier, Franz Joseph: Aus der Geschichte der Asia-maior-Bestände der Bayerischen Staatsbibliothek und ihrer Bearbeitung. In: Franke, Herbert (Hrsg.): Orientalisches aus Münchener Bibliotheken und Sammlungen. Wiesbaden, 1957. S. 39-59.

Noichl, Elisabeth (Hrsg.): Schrift-Stücke: Informationsträger aus fünf Jahrtausenden: eine Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek und des Bayerischen Hauptstaatsarchivs: München, 19. Juli – 20. September 2000. München: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns; Bayerische Staatsbibliothek, 2000.

Grönbold, Günter: Die Worte des Buddha in den Sprachen der Welt = The words of the Buddha in the languages of the world: Tipitaka – Tripitaka – Dazangjing – Kanjur: eine Ausstellung aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek, München, 27. Januar – 20. März 2005. Mit einem Beitrag von Renate Stephan. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2005.

Rebhan, Helga (Hrsg.): Liebe, Götter und Dämonen: wertvolle asiatische Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek: Ausstellung 2. – 27. Januar 2008. München: Bayerische Staatsbibliothek, 2007.

Rebhan, Helga: Tibetische Handschriften aus der Mongolei: eine hochpreisige Erwerbung der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksmagazin (2007) 2, S. 24-28.

Rebhan, Helga: Ausstellungen orientalischer und asiatischer Bestände der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Griebel, Rolf; Ceynowa, Klaus (Hrsg.): Information, Innovation, Inspiration: 450 Jahre Bayerische Staatsbibliothek. München: Saur, 2008. S. 639-665.

Ceynowa, Klaus; Rebhan, Helga; Tabery, Thomas: Orientalische Prachthandschriften auf iPad und iPhone: Neue App der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Bibliotheksforum Bayern 5 (2011), S. 180-183.

Rebhan, Helga: Orientalische und asiatische Handschriften und seltene Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek. In: Ceynowa, Klaus; Hermann, Martin (Hrsg.): Bibliotheken: Innovation aus Tradition: Rolf Griebel zum 65. Geburtstag. Berlin: De Gruyter Saur, 2014. S. 322-333. Verfügbar unter: http://dx.doi.org/10.1515/9783110310511 [Zugriff am 21.03.2016].

Rebhan, Helga: Die Lehren des Buddha auf Mongolisch. In: Bibliotheksmagazin 3 (2017), S. 68-72.

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