Zum Hintergrund
Am 29. Oktober 1914 trat das Osmanische Reich in den Ersten Weltkrieg ein, in dessen Schatten der Beschluss zur Vertreibung und Vernichtung der armenischen Bevölkerung getroffen wurde.
Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Osmanischen Reiches hatten sich bereits am Ende des 19. Jahrhunderts infolge des wachsenden Nationalismus, der entstehenden pantürkischen Ideologie sowie der außenpolitischen Konflikte verschärft. Systematischen Verfolgungen und Massakern fielen in den Regierungsjahren von Abdülhamid II. (1876 – 1909) hunderttausende Armenier zum Opfer. Dies war eine radikale Antwort auf die sogenannte Armenische Frage, die zunächst mit dem Friedensvertrag von San Stefano (3. März 1878) zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, später mit dem Paragrafen 61 des Berliner Vertrags als Plan grundlegender Reformen in den von Armeniern bewohnten Vilajets entstanden war. Sie wurde alsbald zum Druckmittel europäischer Politik gegen das Osmanische Reich. Von türkischen Absichten, die vermeintlich prorussischen Armenier auszurotten und die Armenische Frage somit endgültig zu lösen, wurde daher noch vor dem Ersten Weltkrieg berichtet. So schrieb William Mitchell Ramsay, ein englischer Historiker und Archäologe, bereits im Jahr 1897: „The Armenians will in all probability be exterminated, except the remnant that escapes to other lands.“
Der Ausbruch des Krieges fungierte bei den sich radikalisierenden Jungtürken als Katalysator für die endgültige „Lösung“ der Armenischen Frage, wobei die verheerende Niederlage gegen Russland zur Jahreswende 1914/15 die Situation zusätzlich verschärfte. Nicht nur jene Armenier, die sich in der Hoffnung auf Unabhängigkeit der russischen Armee angeschlossen hatten, sondern die gesamte armenische Bevölkerung des Reiches wurde nun für diese Niederlage verantwortlich gemacht. Im Januar 1915 wurden die meisten in die türkische Armee einberufenen armenischen Männer entwaffnet und später ermordet. Am 24./25. April begann mit der Verhaftung und Deportation der armenischen Elite in Konstantinopel die nächste Phase des Genozids, gefolgt von massenhaften Deportationen aus den armenischen Gebieten in die syrische Wüste. Begleitet wurden die Deportationen von Mord, Zwangsheirat und -konversion, Tod durch Erschöpfung und Hunger sowie Folter. Diesen Ereignissen fielen schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen zum Opfer.
Die offizielle türkische Politik machte damals wie heute die vermeintliche Illoyalität der Armenier für die „Nothandlung“ der türkischen Regierung verantwortlich. Dagegen berichtete die Weltpresse – etwa englische, französische, polnische oder auch russische Zeitungen – bereits im Frühsommer 1915 von den Massakern, die das Ziel hätten, die gesamte armenische Bevölkerung des Osmanischen Reiches restlos auszurotten. Diplomatische Noten von Alliierten und vom Papst mit der Forderung, die Massaker umgehend einzustellen, erreichten die Hohe Pforte, blieben jedoch folgenlos.
Zur Kabinettpräsentation
Wie die Kabinettpräsentation „kOSTprobe“ illustriert, wurden diese Ereignisse im Osmanischen Reich zwar durchaus in unterschiedlicher Intensität und aus unterschiedlichem Blickwinkel in der europäischen Presse rezipiert, Zweifel daran, dass es sich hierbei um die Auslöschung eines ganzen Volkes handelte, gab es jedoch kaum. Die schweizerischen Zeitungen etwa appellierten an Europa und die christliche Welt, trotz des Krieges den Armeniern zu Hilfe zu eilen, während die deutsche Presse die Handlungen des verbündeten Osmanischen Reiches als eine durch die armenischen Aufstände verursachte Notwehr darstellte.
Eine weitere Auswahl wissenschaftlicher wie literarischer Werke u. a. amerikanischer, deutscher und armenischer Autoren, Berichte der Überlebenden sowie Karten-, Quellen- und Bildmaterial, die den Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges dokumentieren, ist in den Vitrinen ebenfalls ausgestellt.
Titelliste und Werkbeschreibungen (PDF, 168 KB)
Ort | Bayerische Staatsbibliothek Eingangsbereich des Ostlesesaals (3. OG) | ||
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Öffnungszeiten | 21. April – 31. August 2015 (verlängert bis 25. September 2015) Montag – Freitag 9:00 – 17:00 Uhr (an Feiertagen geschlossen) | ||
Eintritt | Der Eintritt ist frei. |