Materialwissenschaft und Kunsttechnologie. Forschung an der Bayerischen Staatsbibliothek
Gold und Silber, Elfenbein und Edelsteine, Gemmen und Kameen, edle Stoffe und Emails: Mittelalterliche Evangeliare und andere liturgische Bücher wurden seit der Spätantike mit wertvollen Einbänden versehen. Die Bayerische Staatsbibliothek bewahrt in ihren Sammlungen eine weltweit einzigartige Sammlung von Goldschmiede- und Elfenbeineinbänden, die seit über tausend Jahren den Betrachter faszinieren.
An der Kunstfertigkeit, den Materialien, Rezepturen und Fertigungsweisen besteht ein großes Forschungsinteresse, angetrieben von den Möglichkeiten der instrumentellen Analytik. Daher erreichen die Bayerische Staatsbibliothek in steigender Zahl Anfragen zu materialwissenschaftlichen und kunsttechnologischen Themen, die ohne eine entsprechende Analytik und Expertise nicht beantwortet werden können.
Um diese Forschungsansätze in eigener Kompetenz bearbeiten zu können, hat die Bayerische Staatsbibliothek einen neuen Bereich für Materialwissenschaft und Kunsttechnologie geschaffen und mit modernster Technologie ausgestattet. Sie beschreitet mit dieser Strategieentscheidung vor dem Hintergrund ihrer exzeptionell reichen und hochwertigen Sammlungen als erste deutsche Bibliothek den Weg, sich auch im Feld naturwissenschaftlicher Analytik als Partner in der Forschung zu etablieren, um Projekte in nationaler und internationaler Kooperation aktiv gestalten zu können. Der neue Arbeitsbereich fügt sich nahtlos ein in die bestehende institutionelle Kooperation zwischen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Technischen Universität München, in deren Rahmen Forschungsprojekte zu „Buch und Papier“ im Studiengang Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft durchgeführt werden.
Der Videoclip zeigt den Goldschmiedeeinband des Codex Aureus von St. Emmeram in HD-Rotationsaufnahmen unter dem 3D-Digitalmikroskop. Mit spektroskopischer Analytik ist es nun erstmals technisch möglich, diese Kunstwerke mit 3D-Mikroskopaufnahmen und materialwissenschaftlichen Daten zu Metallen und Schmucksteinen am Bildschirm anzubieten und erforschbar zu machen.
32 kelchförmige Fassungen umrahmen alleine die zentrale, in ein Goldblech getriebene Darstellung des Christusmaiestas. Die großen Saphire und Smaragde, gefasst in Zargen aus Akanthusblatt, wirken wie prächtige, farbige Dächer einer antiken Tempelanlage, da viele Fassungen wie kleine Säulengänge gearbeitet sind. Perlen glänzen in runden Zargenfassungen in einem Ring aus Perldraht zwischen dreiblättrigen Glaseinlagen und Flächengranulation.
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Detailansichten des Codex Aureus von St. Emmeram | © BSB/IBR