Behind these walls

Bye-bye Jahreskampagne „Behind these walls”!

24 Highlights aus unseren Beständen haben wir 2023 in zweiwöchigem Rhythmus hier auf unserer Webseite, auf unseren Social-Media-Kanälen Instagram und Facebook unter #behindthesewalls * sowie auf Bannern, Infoscreens und Postkarten zum Anschauen und Mitnehmen präsentiert.

Mit dem Motiv „Tschüss” aus dem Künstlerbuch „Mondparsifal” von Jonathan Meese beenden wir jetzt unseren einjährigen Parforceritt durch Genres, Zeiten, Materialien, Perspektiven, Herstellungsarten, Farben und Regionen – von Fotografien bis Holzschnitten, von Japan bis Frankreich, vom Jahr 870 bis 2017.

Die Wahl fiel angesichts der über 37 Millionen Medien, von denen bereits über 4 Millionen jederzeit kostenfrei online abrufbar sind, schwer. Und natürlich sind wir mit unserem Portfolio noch lange nicht am Ende. Sie dürfen gespannt sein auf weitere Aktionen, Präsentationen und Ausstellungen unseres Hauses.

Wahl des besten Motivs

Wir hoffen, dass Ihnen unsere Aktion gefallen hat! Gerne möchten wir von Ihnen wissen, welches Motiv von den 24 am besten wirkte. Daher freuen wir uns, wenn Sie uns eine E-Mail schreiben, in der sie uns IHR Lieblingsmotiv oder Ihre Lieblingsmotive mitteilen, an:
publikationen@bsb-muenchen.de

 

* Folgen Sie der Bayerischen Staatsbibliothek auf ihren Social-Media-Kanälen Instagram, Facebook oder YouTube.

Jonathan Meese und sein „Entheiligen der Kunst”

* Der Mondparsifal zeugt von Meeses Liebe zum Komponisten Richard Wagner und dem Verlust des Regie-Postens bei den Bayreuther Festspielen

 

DAS MONDPARSIFALBUCH IST Richard Wagnertum!

 

Aus: Jonathan Meese, Mondparsifal, S. 1

 

„Richard entheiligt alle(s)” steht im Mondparsifal-Buch von Jonathan Meese. „Entheiligen” gehört zu Meeses Spezialdisziplinen und erklärt seine Zuneigung zu dem Komponisten der Oper „Parsifal”, die am 26. Juli 1882 in Bayreuth uraufgeführt wurde. Meese bezeichnet auch seine eigene Kunstform als „freiestes Spiel”, es sei „kein Heiligtum”.

 

Erste Ausstellung 1998 auf der Berliner Biennale, heute international berühmt
Meese, 1970 in Tokio geboren und in Ahrensburg bei Hamburg aufgewachsen, besuchte die Hochschule für bildende Künste in Hamburg. 1998, als 28-Jähriger, präsentierte Meese die Installation „Ahoi de Angst” auf der ersten Berliner Biennale. Heute gilt er als einer der berühmtesten deutschen Künstler der Gegenwart auf internationalem Parkett.

 

Bildmotiv aus dem Mondparsifal, einem Künstlerbuch von Jonathan Meese. Mit 18 Holzschnitten, 15 Klischeedrucken und 92 kopierten Collagen. Vom Künstler signiert, Ex. 9/20, Harpune-Verlag 2017. Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: 2 L.sel.III 500
© Jonathan Meese/Harpune Verlag

 

Verlust der „Parsifal”-Inszenierung – ein schmerzhafter Rückschlag
2016 wurde Meese für die Bayreuther Wagner-Festspiele als Regisseur der Oper „Parsifal” engagiert. Ein Versuch, der misslang. Ihm wurde kurzfristig die Regie mit der Begründung entzogen, dass seine Inszenierung zu teuer geworden wäre.

 

Meese sagt in einem Interview auf die Frage: Sie sind in Bayreuth rausgeflogen, weil Ihr „Parsifal” zu teuer wurde. Schmerzt das noch?

 

Meese: Bayreuth tut mir immer noch sehr weh, wie man damals mit mir und Richard Wagner umgegangen ist. Richard Wagner kann man nicht gleichschalten. Richard Wagner war eine extreme Figur, man muss den extrem bringen. Gefallsucht in der Kunst ist der falsche Weg, man muss die Dinge radikalisieren. […]


Aus: Jonathan Meese wird 50: „In Ahrensburg tanke ich auf“, Interview Gerd Roth, Hamburger Abendblatt, 23.01.2020.

 

Meeses „Manifesto” über den Mondparsifal
In ihrem Blog „Kunst zwischen Deckeln” gibt die Kuratorin der Künstlerbuchsammlung der Bayerischen Staatsbibliothek, Lilian Landes, eine plastische Beschreibung des Menschen Jonathan Meese. Meese schrieb extra für diesen Blog einen Text, ein „Manifesto” zu dem 2017 im Wiener Harpune-Verlag erschienenen Mondparsifal.

 

Alle Motive und Seiten seines Mondparsifals, aus dem unser Motiv „Tschüss” stammt, können Sie im Blog anschauen.


Die Bayerische Staatsbibliothek dankt Jonathan Meese sowie Sarah Bogner und Josef Zekoff vom Harpune Verlag, dass sie dieses Motiv für unsere Kampagne „Behind these Walls” unkompliziert und kostenfrei zur Verfügung gestellt haben.

 

Meese selbst erleben, live, in Farbe und in seiner Kunst können Sie auch auf seiner Website jonathanmeese.com

 

Hier ein Bericht über Meeses Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne

Aus dem „Mondparsifal”, einem Künstlerbuch von Jonathan Meese. Mit 18 Holzschnitten, 15 Klischeedrucken und 92 kopierten Collagen. Vom Künstler signiert, Ex. 9/20, Harpune-Verlag 2017. Signatur: 2 L.sel.III 500 | © Jonathan Meese/Harpune Verlag

Liturgie-Luxus und Familien-Idyll: das Gebetbuch von Kaiser Friedrich III. (1415 – 1493)

* Ein aufwendiges Brevier, geschaffen für den römisch-deutschen König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches

 

Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen.

 

Aurelius Augustinus (354 – 430), Bischof von Hippo (im heutigen Algerien), Philosoph, Kirchenvater und Heiliger

 

Unser Motiv zeigt die kniend und mit erhobenen Händen betenden, weiblichen Mitglieder der Familie Kaiser Friedrichs III.: Ehefrau Eleonore Helena von Portugal sowie die Töchter Helena und Kunigunde. Das Bild ist Teil einer großzügig und prunkvoll mit Blattgold gestalteten Doppelseite am Anfang des Gebetbuchs mit Stundengebeten – auch „Brevier” genannt. Es ist in mittelhochdeutscher Sprache verfasst. Auf der eigentlich doppelseitigen Gesamtansicht sind diese drei weiblichen Figuren unten rechts platziert.

Schaut man auf den linken Bereich der Doppelseite, sind dort spiegelbildlich die männlichen Mitglieder der Familie in gleicher Pose wie die Frauen dargestellt: die drei Söhne Christoph, Maximilian und Johann sowie – ebenfalls wie Mutter Eleonore in der Größe hervorgehoben – der Vater und Kaiser Friedrich III.

 

Kaiserin Eleonore von Portugal mit ihren Töchtern Helena und Kunigunde. Aus dem deutschsprachigen Luxus-Gebetbuch ihres Gatten Kaiser Friedrichs III.,
Wien, um 1475/80.
Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Cgm 68

 

Ein Bild – ein Statement:
die Kaiserfamilie im Gebet

Im oberen Bereich der Doppelseite sind in jeweils eigenen Rahmen vier weitere Figuren zu sehen. Zu diesen blicken die betenden „Royals” auf: Auf der linken Seite, also über den eben genannten vier männlichen Mitgliedern des Kaiserhauses, erblickt man den Heiligen Christophorus und Jesus Christus. Christophorus gilt als der Schutzpatron der Reisenden. Laut Heiligenlegende trug er das Jesuskind, so wie hier dargestellt, über das Wasser. Heute kennt man ihn als Schutzpatron zum Beispiel von Auto-, LKW- und Taxifahrern, abgebildet oft auf runder Metallplakette.

 

Oben rechts, über den drei Frauen, sind Jesus‘ Mutter Maria und der Heilige Augustinus abgebildet. Augustinus (354 – 430) ist einer der sogenannten vier „Großen Kirchenväter” des Abendlandes. Seine Werke, zum Beispiel seine Autobiografie („Confessiones”, dt.: „Bekenntnisse”) mit seiner dort beschriebenen Bekehrung vom Nicht-Christen zum gläubigen Christen sind über die Jahrhunderte immer wieder neu aufgelegt und viel rezipiert worden. Warum Augustinus als einziger Mann auf der „Frauen-Seite” abgebildet ist? Vielleicht, weil auf seine tiefgläubig christliche Mutter Monika angespielt werden soll, welcher er auch literarisch ein Denkmal setzte (zum Beispiel in „Bekenntnisse”/„Confessiones”, Kapitel IX).

 

Meister des Friedrich-Breviers
Die Figuren dieser Doppelseite sind so filigran, mit intensiven Farben und unter Verwendung von Blattgold so qualitätvoll gezeichnet und hergestellt, dass der namentlich unbekannte Maler dieser Doppelseite den Titel „Meister des Friedrich-Breviers“ erhielt. Dieses Meisterstück schuf der Künstler etwa 1475/1480.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Werks waren Kaiserin Eleonore Helena von Portugal sowie mehrere der Kinder bereits gestorben. Es lebten von den Abgebildeten neben Friedrich III. selbst nur noch Kunigunde und Maximilian.

 

Das Grab Friedrichs III. steht auch heute noch im Wiener Stephansdom
Friedrich III., 1415 in Innsbruck geboren, starb 1493 in Linz. 1513 wurde er von Sohn Maximilian I. mit viel Medienrummel in den Wiener Stephansdom in ein Grab überführt. Die Gestaltung des (Hoch-)Grabs hatte Friedrich III. viele Jahre zuvor selbst in Auftrag gegeben. Dort liegt er heute immer noch und wird von Archäologen mit neuesten Methoden quasi „minimalinvasiv“ erforscht, siehe z. B. den ORF-Beitrag „Ein Blick ins Grab von Friedrich III.“

  • Das Breviarium hat einen Sommer- und einen Winterteil. Unser Motiv stammt aus dem Sommerteil. Der Winterteil ist etwas früher entstanden und ebenfalls als digitalisiertes Werk abrufbar.
  • Die Bayerische Staatsbibliothek bietet viele Werke mit Schriften von – und natürlich auch über – Aurelius Augustinus frei zum Lesen im Netz an. So auch zum Beispiel die oben erwähnten „Confessiones“ in einer Inkunabel von etwa 1470, entstanden also in etwa zeitgleich zum Breviarium Friedrichs III.
Kaiserin Eleonore von Portugal mit ihren Töchtern Helena und Kunigunde. Aus dem deutschsprachigen Luxus-Gebetbuch ihres Gatten Kaiser Friedrichs III., Wien, um 1475/80 | © BSB/Cgm 68

Das Sternbild des „Drachen” aus einer astronomisch-astrologischen Pergament-Handschrift für König Wenzel IV. von Böhmen

* Stellare Projektionen: für Menschen sind Sterne oft mehr nur als leuchtende Punkte am Firmament

 

Unser Motiv aus einem lateinischen Codex aus Prag zeigt das Sternbild „Drache” (lateinisch „Draco”). Dieses Sternbild liegt am nördlichen Sternenhimmel, es umspannt ihn weiträumig. Der „Drache” windet sich dabei schlangenartig um das Sternbild „Kleiner Bär” herum und grenzt an insgesamt acht weitere Sternbilder. Das Sternbild „Drache” enthält 17 verschiedene, heute von der International Astronomical Union, IAU, offiziell benannte Sterne. Unser Bild von 1400 zeigt über 30 Sterne, die dem „Draco” damals offenbar zugewiesen wurden.

 

Sternbild aus einem astronomisch-astrologischen Codex des böhmischen Königs Wenzel IV. Prag, 1400.
Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Clm 826
Das Bild kostenfrei digital anschauen, können Sie in den Digitalen Sammlungen.

 

Der „Drache” als Ex-Polarstern
Als sogenanntes „zirkumpolares Sternbild” – also ein Sternbild, das sich in der Nähe eines der beiden Himmelspole befindet – verschwindet „Draco” auf der nördlichen Hemisphäre im Laufe des Jahres nicht. Er geht also „nicht unter”, sondern ist in Mitteleuropa stets am Himmel zu sehen – mal höher, mal niedriger am Horizont. Einer seiner helleren Sterne ist der „Thuban”: Dieser diente z. B. den alten Ägyptern als Polarstern, da er gegen 2800 v. Chr. noch nahe am Himmelsnordpol stand. Heute ist er aufgrund der Präzessionsbewegung („Taumelbewegung”) der Erde etwa 25° vom Nordpol entfernt und daher als Polarstern untauglich geworden. Der Zyklus der Taumelbewegung der Erde dauert etwa 25 800 Jahre (Stichwort: „Platonisches Jahr”). Daher übernehmen im Laufe der Zeit immer wieder andere Sterne die Funktion des Polarsterns, bis der Zyklus von neuem beginnt.

 

Christen und Astronomie
Die Christen der Spätantike hielten die Astronomie für ein heidnisches Überbleibsel und man verlor zwischenzeitlich das Interesse daran. Arabische Wissenschaftler erstellten im 9. Jahrhundert n. Chr. arabische Übersetzungen vom Grundlagenwerk für die Astronomie „Megiste Syntaxis” (ursprünglich: μαθηματική σύνταξις) des Griechen Claudius Ptolemäus (2. Jh. n. Chr.). Mit den Übersetzungen dieses Werks, auch als „Almagest” bekannt, retteten arabische Wissenschaftler das antike astronomische Wissen für die Nachwelt. Im 12. Jahrhundert gelangten lateinische Übersetzungen des Almagests nach Europa, wo das Thema Astronomie daraufhin wieder aufgegriffen wurde – und auch das Interesse König Wenzels IV. weckte, für den diese Prachthandschrift geschrieben, gemalt und gebunden wurde.

 

König Wenzel IV. – ein fauler, misanthroper Bücherfreund?
Das Leben und Wirken König Wenzels IV., der Besitzer unseres astronomisch-astrologischen Codex gewesen sein soll, werden gemeinhin eher schlecht beurteilt. Einige Wissenschaftler führen seinen schlechten Ruf auf das Wirken späterer Chronisten zurück: So gibt es mittelalterliche posthume Quellen, die Wenzel als Paranoiker und Tyrannen beschreiben, der seine Jagdhunde auf Menschen gehetzt haben soll. Mit eben diesen Hunden soll sich Wenzel die meiste Zeit seiner Regierung in einem Zimmer eingeschlossen haben. Wenzel soll auch den später heiliggesprochenen Johannes Nepomuk in der Moldau ertränken lassen haben, angeblich, weil ihm der Priester die Beichtgeheimnisse seiner – so die Geschichte – untreuen Frau nicht hatte preisgeben wollen. Heutige Forschungen lassen vermuten, dass es vielleicht eher um politische Differenzen zwischen Wenzel und dem Prager Erzbischof ging, dessen Generalvikar Nepomuk gewesen war.

Recht sicher belegt scheint ein Skandal von 1398 zu sein. Da nahm König Wenzel nicht am Festmahl des französischen Königs Karl Vl. in Reims teil, weil er zu betrunken gewesen sein soll. Nach Václav Hájek z Libocan soll er die Nachricht von seiner Absetzung als römisch-deutscher König mit den Worten kommentiert haben, er sei froh, von dieser Last entbunden zu sein.
(vergleiche seinen Beinamen „der Faule”)

Gleichzeitig galt er als Mäzen, Inhaber einer Bibliothek und als Financier einer Gruppe von berühmten Künstlern, die Bücher schrieben und malten: die Mitglieder der sogenannten „Wenzelswerkstatt”, die auch die berühmte „Wenzelsbibel”, ebenfalls eine Prachthandschrift wie unsere, schufen.

 

Biographie König Wenzels IV. (1361 – 1419)

Ein Zeitungsartikel mit dem Titel:
„Wenzel, Deutschlands schlechtester König”

Sternbild aus einem astronomisch-astrologischen Codex des böhmischen Königs Wenzel IV. Prag, 1400 | © BSB/Clm 826

Der „Wundenmann” – ein All-in-one-Katalog der Kriegsverletzungen

* Bildliche Anleitungen halfen Feld- und Wundärzten bzw. Chirurgen im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit bei der chirurgischen Wundversorgung

 

Das bis ins 17. Jahrhundert in Europa führende Chirurgie-Lehrbuch war das Feldbuch der Wundarznei von Hans von Gersdorff (1455 – 1529), erstmals erschienen bei Schott in Straßburg 1517. Dieses Werk lebt vom Miteinander von Text und präzisen Illustrationen (Holzschnitte von Hans Wächtlin). Ohne Abbildungen, zum Beispiel den hier gezeigten „Wundenmann”, wäre das Buch wohl niemals ein solcher Erfolg geworden.

 

Aus der Praxis für die Praxis
Der Autor des volkssprachlichen (mit lateinisch-deutschem Glossar) Feldbuchs der Wundarznei ist ein Mann der Praxis: Von Gersdorff war als Wundarzt in Straßburg tätig und sammelte darüber hinaus als Militärarzt über 40 Jahre lang Erfahrung auf den Schlachtfeldern Europas. Allein über 200 Amputationen soll er durchgeführt haben. Für sein Buch griff er jedoch zusätzlich auf ältere Vorbilder wie zum Beispiel Guy de Chauliac (ca. 1298 – 1368) zurück.

 

Der „Wundenmann” aus dem Feldbuch der Wundarznei von Hans von Gersdorff, Straßburg 1517 | Bayerische Staatsbibliothek, Signatur Rar. 1457
Das ganze Motiv und weitere Holzschnitte aus diesem Werk können Sie in unseren Digitalen Sammlungen betrachten.

 

Wunden aus Krieg und Gefechten
Der sogenannte „Wundenmann”, unsere Abbildung, erreichte einen überaus hohen Bekanntheitsgrad; er wurde vielfach kopiert und abgepaust. Das Besondere: Am Wundenmann werden exemplarisch nahezu alle denkbaren, durch Krieg und Gefechte verursachten Verletzungen veranschaulicht – beigebracht durch Pfeile, Keulen, Messer, Säbel, Morgenstern, Axt, Schwert, Säbel, Degen, Dolch und Stilett, Stein, Lanze, Speer. Und auch die schreckliche Wirkung von Feuerwaffen auf den menschlichen Körper wurde dargestellt: So treffen Kanonenkugeln den rechten Unterschenkel des Wundenmanns und reißen ihm die linke Hand ab.

 

Texte und Bilder bilden das gemeinsame Gerüst dieses chirurgischen Lehrbuchs
Das „Feldbuch” enthält noch viele weitere für Wundärzte hilfreiche Abbildungen wie eine Übersicht über die inneren Organe, ein Skelett, Lepradiagnostik, chirurgische Eingriffe wie beispielsweise Amputationen und das Richten von Knochen zum Beispiel nach Knochenbrüchen. Auf inhaltlicher Ebene stehen Text und Bild meist gleichberechtigt nebeneinander. Bei der Beschreibung chirurgischer Instrumente, Apparate und Behandlungsweisen aber ist das Bild dem Text überlegen und rückt in den Vordergrund, während bei anatomischen Darstellungen der erläuternde Text im Mittelpunkt steht. Die Gesamtanlage des Werkes kann man als die Präsentation medizinischen Wissens für jedermann bewerten, geschrieben in der Volkssprache. Den aufwendig gestalteten Folioband der Erstausgabe musste man sich allerdings auch leisten können.

 

Kleiner Exkurs: Der Chirurg oder Wundenmann und der „echte” Arzt
Das Konzil von Tours von 1163 erließ das Edikt, dass es den akademisch ausgebildeten, oftmals auch geistliche Ämter innehabenden Medizinern verboten wurde, chirurgische („blutige”) Eingriffe durchführen. Dafür waren die „Wundärzte”, auch „Chirurgen” genannt, zuständig. „Chirurgus” kommt vom altgriechischen „cheirurgía“ (χειρουργία). Dieses bedeutet das (eher als unakademisch geltende) „Arbeiten mit der Hand“. Sogar bis in die Neuzeit galt diese Unterscheidung zwischen den akademischen-nicht operierenden, wie zum Beispiel Innere Medizin, und den chirurgisch-operierenden Berufsgruppen.

 

Weitere Abbildungen aus dem Feldbuch der Wundarznei:

Bild aus der Praxis – Arbeiten im Kriegsgetümmel
Medizinische Geräte
Beinbruch Schienung
Amputation

 

Sie finden das Thema interessant? Andere auch, siehe Melanie Panses Dissertation zum „Feldbuch der Wundarznei”, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-89500-907-5.

Der „Wundenmann” aus dem „Feldbuch der Wundarznei” von Hans von Gersdorff, Straßburg 1517 | © BSB/Rar. 1457

Tanzende Skelette: seit dem Spätmittelalter ein beliebtes Bild-Genre

* Totentanz, Danse macabre, Halloween oder der mexikanische „Dias de los muertos” – der Umgang mit dem Tod hat viele Gesichter

 

Das hier gezeigte Motiv „Totentanz” aus der sogenannten Schedel’schen Weltchronik, einem der bekanntesten Werke des damals noch jungen Buchdrucks, zeigt ein seinerzeit recht neues Bildthema, nämlich „tanzende Tote”. Seinen Anfang nahm dieses Genre, das die Menschen unter anderem an ihre Sterblichkeit erinnern soll, wohl zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Paris auf dem „Cimetière des Innocents”. Dort waren auf der Friedhofsmauer über eine Länge von ca. 35 Metern fast 30 tanzende Paare lebensgroß dargestellt. Im Original sind diese Fresken nicht erhalten; aber der Pariser Drucker Guyot (oder: Guy) Marchant gab einen Zyklus mit Totentanz-Holzschnitten und Versen heraus, die das Genre aufgriffen, Titel La Danse macabre. Auch im übrigen Europa machte das neue Bildthema schnell die Runde: Totentanzdarstellungen finden sich zum Beispiel in der Dominikaner-Kirche zu Basel, in der Marienkirche zu Lübeck, in der Marienkirche zu Berlin, in der Sankt-Annen-Kapelle zu Füssen. Zu sehen sind sie auch auf Malereien, Teppich- und Steinbildern in den Kirchen zu Amiens, Angers, Dijon, Rouen usw. Hinzu kommen seit 1485 zahlreiche Holzschnitt- und Druckwerke, die das Totentanz-Genre aufgriffen, wie auch das hier gezeigte Motiv aus der Schedel‘schen Weltchronik von 1493.

 

Aus der „Weltchronik” des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel. Das Werk erschien erstmals 1493, in Latein und auf Deutsch. Beide Fassungen sind reich illustriert.
Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Rar. 287
Möchten Sie das Motiv in unserem Digitalen Sammlungen betrachten?

 

Verwirklicht haben dieses Mammutwerk, Originaltitel Liber chronicarum, das eines der bekanntesten Werke der Inkunabelzeit wurde, der Humanist und Arzt Hartmann Schedel (Aufbau, Inhalt und Text), die Werkstatt von Michael Wolgemut und Wilhelm Pleydenwurff (Herstellung der Illustrationen = 1 800 Holzschnitte) und der Drucker Anton Koberger, allesamt damals in Nürnberg tätig. Das Werk erschien in Latein und in leicht gekürzter Form auch auf Deutsch. Früh gab es Raubkopien, etwa den sogenannten „Kleinen Schedel”, gedruckt von Johann Schönsperger 1497 in Augsburg.

 

Gezeigt und beschrieben wird in der Schedel’schen Weltchronik die gesamte Geschichte der Welt von der Schöpfung durch den christlichen Gott bis zur Gegenwart Ende des 15. Jahrhunderts. Gegliedert ist der Rückblick in sechs Zeitalter, wobei Profanes und Biblisches gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Auch Geographisches wie Städteansichten und Landkarten sind Teil der Chronik. Im letzten Kapitel des Werks, aus dem unser Motiv stammt, dem „siebten Zeitalter” geht es um den Ausblick, die Zukunft. Themen sind: der Weltuntergang und das Jüngste Gericht.

 

Totentänze, Totenverehrungen, Gruselfilme
Gehalten haben sich Totentanz- oder Skelett-Darstellungen bis heute – häufig überwiegt jedoch der reine „Fun-Faktor”, wie zum Beispiel beim Halloween-Fest. Auch in Gruselfilmen und Gruselliteratur haben die Darstellungen ihren festen Platz. Sogar Michael Jackson griff in „Ghost” das Thema Totentanz auf. Ferner wird in eher ernster Ehrerbietung zum Beispiel an Allerheiligen am 1. November der Toten gedacht. Fröhlicher hingegen geht es am 2. November beim „Día de los Muertos” zu.
(YouTube-Film, 2:06 Minuten)

  • Die ganze Schedel’sche Weltchronik mit über 700 Seiten (!) können Sie digital anschauen. Auf Scan-Seite 601 finden Sie „unseren Totentanz”.
    Schedel’sche Weltchronik
Aus der „Weltchronik” des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel. Das Werk erschien erstmals 1493, in Latein und auf Deutsch. Beide Fassungen sind reich illustriert | © BSB/Rar. 287

Schönheit auf Japanisch

* Die japanische Kunst und Kultur spricht ihre eigene Sprache und begeistert damit Menschen in aller Welt

 

Die kulturellen Codes von Schönheit sind manchmal schwerer und manchmal leichter zu entschlüsseln. Bei unserem Motiv hier scheint der Zugang leichter zu fallen. Schöpfer dieses Farbholzschnitts mit der anmutigen, jungen Frau ist der Japaner Narita Morikane 成田守兼, über den nur wenig bekannt ist. Das Blattmaß beträgt 28,7 x 42,4 cm und wird als ōban oder Großformat bezeichnet und entspricht damit etwa dem DIN-A3-Format, einer gängigen Größe zur Darstellung von bijin zu dieser Zeit. Bijin 美人 (wörtlich „schöner Mensch”) hat sich in der Edo-Zeit (1600 – 1868) als ein Genre in der japanischen Kunst etabliert, bei dem vor allem reizvolle, anmutige Frauen dargestellt werden.

 

Eine Darstellung von Narita Morikane aus der Serie Adesugata nijūshikō, „24 Ansichten reizender Erscheinungen”. Japanischer Farbholzschnitt, 1931. Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: 2 L.jap. K 325

 

Dieses Bild gehört zu einer Serie mit dem Titel „24 Ansichten reizender Erscheinungen” (Adesugata nijūshikō 艶姿二十四孝), der oben rechts in einer roten Kartusche angegeben wird, und verweist damit bereits auf das bijin-Genre. Die Frauenfigur trägt einen blauen, mit Wellen und Blasenmotivik gezierten Kimono und blickt aus dem Bildraum zum Betrachter, während sie den grünen Vorhang zu ihrem Schlafbereich anhebt. Links unten ist eine typische japanische Papierlaterne zu sehen, eine chōchin 提灯, woher auch der Arbeitstitel des Werks rührt: „Papierlaterne”. Zu den Schönheitsidealen von Frauen, die sich in der breiten Bevölkerung während der Edo-Zeit in Japan etabliert haben, gehören: weiße Haut, rote Lippen, rasierte Augenbrauen und geschwärzte Zähne. Letztgenannte Praktiken sind in der Meiji-Zeit (1868 – 1912) im verstärkten Kontakt mit dem Westen abgeflaut, doch die weißgepuderte Haut als auch die roten Lippen haben sich zeitüberspannend, wie dieser Druck aus dem Jahr 1931 zeigt, als Schönheitsmerkmal in Japan erhalten.

 

Auf der rechten Bildseite findet sich zudem Signatur und Siegel des Künstlers Narita Morikane. Der Name des Verlags ist links unten, außerhalb des Bildmotivs angegeben: Shinbisha 真美社. Der Verleger weist explizit mit einem Stempel darauf hin, dass er das Verlagsrecht an dem Stück habe und dass es einem Vervielfältigungsverbot unterliege! (hanken shoyū fukyo fukusei Shinbisha 版権所有不許複製真美社). Zusätzlich findet sich das Verlagszeichen, eine Art Firmenlogo über der Kartusche, das Yamase-Siegel. Die Serie entstand in Zusammenarbeit mit dem Künstler Ōhira Kasen 大平華泉 (1900 – 1983), von dem sich ebenfalls ein Motiv in der Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek befindet (Signatur: 2 L.jap. K 220); die Serie blieb vermutlich jedoch unvollendet.

 

Wenn Sie neugierig geworden sind auf die japanische Kultur, die ihren Ausdruck u. a. in Holzschnitten findet – wer kennt sie nicht, „Die Große Welle”? – laden wir Sie ein, unsere Jahresausstellung 2025 in der Bayerischen Staatsbibliothek zu besuchen. In der Ausstellung wird dieser Holzschnitt „Papierlaterne” von Narita wie auch der berühmte, vor kurzem erworbene Holzschnitt „Unter der Welle im Meer vor Kanagawa“, auch bekannt als „Große Welle“, von Katsushika Hokusai 葛飾北斎 (1760 – 1849) neben vielen anderen Werken der japanischen Druckgrafik zu sehen sein. Start der Ausstellung ist voraussichtlich im März 2025.
Aktuelle Daten dazu finden Sie rechtzeitig auf der BSB-Ausstellungsseite.

 

Die japanischen (Farb-)Holzschnitte sind Teil einer großen japanischen Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek, die rund 90 000 gedruckte Bände, 100 Handschriften und 900 Einblattdrucke umfasst. Mehr zur japanischen Sammlung

 

Sie möchten in unseren Digitalen Sammlungen verschiedene Werke von Hokusai ansehen?
Hokusai gafu
Hokusai soga
Hokusai gashiki
Oder suchen Sie nach „Farbholzschnitt” in den Digitalen Sammlungen:
https://www.digitale-sammlungen.de

Eine Darstellung von Narita Morikane aus der Serie „Adesugata nijūshikō”, „24 Ansichten reizender Erscheinungen”. Japanischer Farbholzschnitt, 1931. Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: 2 L.jap. K 325

Scheiden tut weh ...

* Rote Wangen, tiefe Blicke, Küsschen: „Alyze” und „Rennewart” sind ein verliebtes Pärchen, das Abschied nehmen muss

 

„Mit meinem Kuß sollst du ziehen.
Dein Edelmut wird dich behüten
und dich soweit bringen,
daß kein Kummer mehr dich drückt.”
Das Mädchen erhob sich, sie küßte ihn.
Rennewart dankte ihr und sagte:
„Der höchste Gott möge
Eure edle Güte schützen.”
Auch vor den andern Damen verneigte er sich und verabschiedete sich von ihnen.

 

Der Text rund ums Bild, „Alyze” spricht zu „Rennewart” (IV. Buch, 213, 21–30). Übersetzung aus: Wolfram von Eschenbach: Willehalm, [Text und Übersetzung]. Berlin: De Gruyter, 2003.

 

Die von Wolfram von Eschenbach auf Pergament verfasste Handschrift Willehalm entstand im 13. Jahrhundert, wohl um 1270 bis 1275. Das knapp 14 000 Verse umfassende Willehalm-Epos war im Mittelalter weit verbreitet, wie über 70, allerdings meist nur fragmentarisch erhaltene Handschriften zeigen. Damit ist der Willehalm fast so beliebt gewesen wie Eschenbachs Parzival. Der hier vorgestellte, ebenfalls in Fragmenten vorliegende Codex ragt durch seinen Bildreichtum heraus: Er war mit etwa ursprünglich 1 300 Bildern ungewöhnlich üppig bemalt. Ebenfalls unüblich für einen epischen Text war, dem Bereich für die Illustrationen dabei fast doppelt so viel Platz einzuräumen wie der – parallel zur Buchmitte hin ausgerichteten – Textspalte.

 

Motiv aus Wolfram von Eschenbachs Willehalm, verfasst im 13. Jahrhundert. Diese Verserzählung gehört zu den bedeutendsten epischen Werken der mittelhochdeutschen Literatur. Signatur: Cgm. 193,III

 

Dargestellt sind auf dem gezeigten Ausschnitt die zwei wichtigen Nebenfiguren „Alyze” und „Rennewart” im Moment des Abschieds. Protagonisten des Epos sind das Paar „Willehalm” und Rennewarts Schwester „Gyburg”. Wie in einem Epos üblich, wird viel und oft gekämpft: Rennewart ist dabei für Willehalm ein wegen seiner Kraft unverzichtbarer Gefährte. Es ist übrigens unklar, ob Alyze und Rennewart sich in Eschenbachs „Story” wiedersehen, da sein Epos vermutlich unvollendet geblieben ist; zumindest wird Rennewarts Schicksal bei Eschenbach nicht aufgelöst. Wie es mit Rennewart weiterging, sowie weitere Geschichten rund um Willehalm und Co. fügten jedoch nachfolgende Autorengenerationen hinzu. Dadurch wurde die Geschichte um Willehalm schlussendlich über 60 000 Verse lang!

 

  • Das digitalisierte Werk ermöglicht Ihnen ein genaueres Betrachten, auch der weiteren Seiten des Fragments. Abgebildet ist links: Oben: Gespräch zwischen Rennewart und Alyze | Mitte: Alyzes und Rennewarts Kuss | Unten: Rennewart verlässt die Szenerie – der Abschied
  • Weitere Informationen rund um den international renommierten Handschriftbestand der Bayerischen Staatsbibliothek – einem der bedeutendsten der Welt – finden Sie auf unserer Webseite:
    Über die Handschriftensammlung
  • Wolfram von Eschenbachs Parzival gibt es ebenfalls in den Digitalen Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek. Auf der verlinkten Seite [Scan 100], im untersten Bildstreifen ganz links, ist die Figur „Parzival” abgebildet, wie die Beischrift auf der Fahne zeigt.
Motiv aus Wolfram von Eschenbachs Willehalm, verfasst im 13. Jahrhundert. Diese Verserzählung gehört zu den bedeutendsten epischen Werken der mittelhochdeutschen Literatur | © BSB/Cgm. 193,III

Das nächtliche Firmament von 1575 auf einem „Himmelsglobus“

* Ein Viergestirn aus Wissenschaft und Kunst schuf dieses Auftrags-Meisterwerk

 

Der Gründer der Bayerischen Staatsbibliothek Herzog Albrecht V. (1528 – 1579) gab für seine neuen Bibliotheksräume (damals noch untergebracht im Obergeschoss des Antiquariums in der Münchner Residenz) diesen Himmelsglobus (1575) und zusätzlich einen Erdglobus (1576) in Auftrag. Beide Globen gehören zum Gründungsbestand der Bayerischen Staatsbibliothek.

 

Den Auftrag zur Herstellung des Himmelsglobus erhielt der aus Belgien stammende, später in Ingolstadt lehrende Jesuit und Astronom Heinrich Arboreus: Er berechnete die auf den Globus aufgemalten Sternbilder für das Jahr 1575 nach Tabellen des Kopernikus.

 

Für die Umsetzung der Aufgabe waren Arboreus drei Künstler beigesellt: der Maler Hans Donauer, der Bildhauer Hans Aernhofer und der Uhrmacher Ulrich Schniep. Diese drei halfen ein Jahr später auch dem bayerischen Geografen Philipp Apian beim handwerklichen Erschaffen des Erdglobus. Apian war mit seinen 24 bairischen Landtafeln bereits Teil unserer Serie „Behind these walls“.

 

Das Sternbild „Andromeda” auf dem „Himmelsglobus” der Bayerischen Staatsbibliothek mit insgesamt 48 Sternbildern von 1575 – ein wissenschaftliches und künstlerisches Spitzenstück | © BSB/Cod.icon. 186

 

Ein (Erd-)Globus ist bekannt, doch was verbirgt sich hinter einem „Himmelsglobus“?
Ein Himmelsglobus zeigt die von der Erde aus am nächtlichen Himmel sichtbaren Sternbilder. Diese werden auf eine kugelförmige Hülle (Globus) gemalt – und zwar spiegelbildlich. Spiegelbildlich, weil der betrachtende Mensch als mittig in die Kugel hineinversetzt gedacht ist. Betrachterinnen und Betrachter des Himmelsglobus müssen also eine Transferleistung erbringen und sich vorstellen, im Globus, quasi auf der Erde, zu stehen und den Sternenhimmel zu betrachten. Der Lohn dafür: Aus dieser gedachten Position heraus kann man alle Sternbilder rundherum anschauen – auch jene, die sich auf der anderen Seite der Welt über den Himmel spannen, und nicht nur die direkt über einem befindlichen.

 

Wer ist „die Frau in Rot”, die in Ketten gefesselt über den Himmelsglobus schwebt?
Es zeigt das Sternbild der „Andromeda”. Die Ketten erklären sich aus dem griechisch-antiken Mythos. Demnach muss die Königstochter Andromeda dafür büßen, dass ihre Mutter Kassiopeia – je nach Überlieferungsvariante – sich oder ihre Tochter Andromeda für schöner als die Nereiden, die Begleiterinnen des Meeresgotts Poseidon, gehalten hat. Der erzürnte Poseidon sendet daraufhin das riesige Seeungeheuer (Wal) Ketos – dieser ist auch auf diesem Himmelsglobus zu finden! – sowie eine Flut. Um das Land von diesen Plagen zu befreien, wird Andromeda als Opfer für Ketos an einen Felsen am Meer gekettet. Perseus, ein Sohn des Göttervaters Zeus, entdeckt sie, verliebt sich in sie, will ihr helfen und eilt zu Andromedas Eltern. Er macht zur Bedingung für die Rettung ihrer Tochter, dass er sie heiraten darf. Sie willigen ein. Perseus tötet daraufhin Ketos mit dem Schwert und befreit Andromeda.

 

Im Spätherbst und im Winter ist das Sternbild „Andromeda” und die „Andromeda-Galaxie” (veraltet „Andromeda-Nebel“) am Nachthimmel am besten zu sehen. Eine launige, interaktive Anleitung zum Finden des Sternbilds Andromeda sowie weitere Informationen bietet die Universitätssternwarte Oldenburg.

 

Globen in 3D-Ansicht zum „Surfen” auf bavarikon:

  • Der Himmelsglobus (Cod.icon. 186) von Heinrich Arboreus von 1575 auf dem Online-Kulturportal Bayerns bavarikon als 3D-Digitalisat – zum Drehen, Zoomen, Auf-den-Kopfstellen und mit weiteren Erläuterungen
  • Und hier das 3D-Digitalisat des Erdglobus (Cod.icon.129) von u. a. Philipp Apian 1576, der „Partner“ des Himmelsglobus
Das Sternbild „Andromeda” auf dem „Himmelsglobus” der Bayerischen Staatsbibliothek mit insgesamt 48 Sternbildern von 1575 – ein wissenschaftliches und künstlerisches Spitzenstück | © BSB/Cod.icon. Cod.icon. 186

Das persische National-Epos „Shāhnāme“

* Seit 1 000 Jahren populär und identitätsstiftend

 

Was bedeutet Shahnama?
Shah = „König“ und
nameh, auch nama = „Buch“ oder „Chronik“,
also „Buch der Könige“

 

Das Versepos Shāhnāme oder u. a. auch Šāhnāma wurde Ende des 10. Jahrhunderts vom Dichter Firdausī (ca. 940 – 1020) im damaligen Persien verfasst. Das Werk hat drei Abschnitte: einen mythischen, einen legendenhaften und einen historischen. Der mythische Teil beginnt mit der Erschaffung der Welt. Nach den beiden, mit fließenden Übergängen gestalteten, mythischen und legendenhaft-heroischen Teilen folgt der historische Teil. Am Übergang vom heroischen zum historischen Teil betritt kein Geringerer als Alexander der Große die Bühne, der Persien um 330 v. Chr. eroberte. Das Epos endet mit den arabischen Invasionen des frühen siebten Jahrhunderts. Das Shāhnāme gilt in Iran auch heute noch als das Nationalepos – die Erzählungen und Legenden sind für das Land selbst identitätsstiftend und darüber hinaus Teil der Weltliteratur geworden.

 

Eine von 58 Illustrationen aus einer Kurzversion (von 1830 – 1850) des persischen Königbuchs Shāhnāme.
Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Cod.pers. 549, erworben 2019, noch nicht digitalisiert.

 

Beeindruckend ist auch der Umfang: Mehr als 50 000 Verse umfasst das ungekürzte Shāhnāme. Es ist damit mehr als 3-mal so lang wie Homers Ilias (≈ 15 700 Verse). Ferdousi hat damit das weltgrößte Epos eines Einzeldichters geschaffen. Es ist also nicht verwunderlich, dass – wie unser Exemplar – auch Kurzversionen des Mammutwerks herausgegeben wurden.

 

Die Anfänge der umfangeichen orientalischen Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück; entsprechend hat die Stabi verschiedene Ausgaben des Shāhnāme im Bestand. Sie möchten sich von dem gewaltigen Umfang des Werkes und den kunsthistorisch wertvollen Illustrationen selbst ein Bild machen? Klicken Sie in unsere verschiedenen Shāhnāme-Digitalisate hinein, zum Beispiel:

  • Cod.pers. 10
    mit 774 Blättern, zahlreichen Illustrationen; ist entstanden 1560 – 1750 und misst 28,75 x 17,5 cm
  • Cod.pers. 8
    fast 1 000 Seiten, zahlreiche Illustrationen, von 1497, 34 cm hoch und 24 cm breit
Eine von 58 Illustrationen aus einer Kurzversion (von 1830 – 1850) des persischen Königbuchs Shāhnāme. Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Cod.pers. 549, erworben 2019.

Montenegro im Südosten Europas – nicht nur für berühmte Fotografen eine Reise wert

* Zwischen Kroatien und Albanien gelegen: Montenegro an der südlichen Adria

 

Harald Schmitt (*1948), freischaffender Fotograf und langjähriger Mitarbeiter beim Magazin stern (1977 bis 2011), dokumentierte fotografisch seit Mitte der 1970er-Jahre den damals sozialistischen Osten Europas. Von 2015 bis 2019 bereiste der vielfach ausgezeichnete Schmitt erneut die Länder des Balkans, darunter auch Montenegro, und fing in rund 1 500 Fotos Land und Leute ein.

 

Die hier gezeigte Aufnahme entstand in Sveti Stefan, einer schon seit den 1950er-Jahren bekannten und beliebten Mini-Insel (1,5 Hektar) an der montenegrinischen Adria-Küste, die durch einen kurzen Damm mit dem Festland verbunden ist. Sveti Stefan punktet mit ihrem schönen Strand und kristallklarem Wasser – so anziehend, dass viele Prominente hier ihren Urlaub verbrachten: Marilyn Monroe war ebenso hier wie der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl, Brad Pitt und Angelina Jolie.

 

Auf dem Weg zum Strand in Sveti Stefan, einem der teuersten Reiseziele von Montenegro: Marilyn Monroe und George Clooney waren auch schon da.
Foto: BSB/stern-Fotoarchiv /Harald Schmitt (2018).

 

Die Werke des Fotojournalisten Harald Schmitt zeigte die Bayerische Staatsbibliothek 2021 in ihrer Jahresausstellung „Facing the Balkans”. Zur Ausstellung können Sie einen Katalog bzw. Bildband mit Fotos von Harald Schmitt erwerben (173 Seiten, 100 Fotos mit Begleittexten, 35 Euro).
► Bildband mit Fotos von Harald Schmitt

 

Sie möchten online, kostenfrei und ohne Anmeldung durch weitere Fotos von Harald Schmitt und vielen anderen stern-Fotografen ‚surfen‘? Dann besuchen Sie unser stern-Fotoarchiv, es hält aktuell rund 500 000 Fotos zum Anschauen bereit:
stern-Fotoarchiv

Auf dem Weg zum Strand in Sveti Stefan, einem der teuersten Reiseziele von Montenegro: Marilyn Monroe und George Clooney waren auch schon da | © BSB/stern-Fotoarchiv/Harald Schmitt (2018)

Gustl Bayrhammer – viel facettenreicher als vermutet

* Rollen in Theater, Kino und Fernsehen: der vermeintliche „Vorzeige-Bayer” hatte ein breitgefächertes Repertoire

 

Der berufliche Lebenslauf von „Adolf Gustav Rupprecht Maximilian Bayrhammer” (1922 – 1993) begann für den gern auch als „Vorzeige-Bayern” betitelten „Gustl” mit einer Station fern der Heimat: Bayrhammer startete eine Schauspiel-Ausbildung während des Zweiten Weltkriegs in Berlin, parallel zum Soldatendasein als Nachrichtenfunker bei der Luftwaffe. Seine Prüfung legte er 1944 am Berliner Schillertheater bei Heinrich George (Vater von Götz George) ab. Danach musste „Gustl” über zwanzig berufliche Wanderjahre an verschiedenen Theatern durchlaufen, bis er am Ziel war: zurück in seiner Geburtsstadt München. 1966, als bereits 44-Jähriger, überzeugte er in einem Gastspiel die damals einflussreiche Schauspielerin Therese Giehse. Ihr verdankte er sein Engagement an den Münchner Kammerspielen – und von da an blieb er in München.

 

Vor 50 Jahren: Gustl Bayrhammer mit seinem Dackel „Oswald”. Wastl, Zamperl oder Oswald – die Bayern haben viele Namen für ihre heißgeliebten Dackel.
Foto: Bayerische Staatsbibliothek/Bildarchiv/Georg Fruhstorfer

 

Allgemein bekannt wurde Bayrhammer in seiner späteren Fernsehrolle als Schreinermeister Franz Eder in der Kinderserie „Meister Eder und sein Pumuckl” (1978 – 1987, 52 Episoden). Darüber hinaus spielte er von 1972 bis 1992 den bayerischen „Tatort”-Kommissar Veigl. Auch sein Dackel Oswald (siehe Foto) kam dort „unter Vertrag”. Kurios: Als Kommissarhund bekam Oswald regelmäßig Bier zu trinken.

 

Vor 30 Jahren starb Bayrhammer mit 71 Jahren an einem Herzinfarkt.

 

Hätten Sie Gustl Bayrhammer erkannt?
So sah er mit 26 Jahren aus.

 

bavarikon – das Internetportal des Freistaats Bayern – bringt Ihnen mit der Podcast-Folge „Gustl Bayrhammer. Parade-Bayer wider Willen” in knapp 10 Minuten den Schauspieler nahe. Hören Sie mal rein!

Vor 50 Jahren: Gustl Bayrhammer mit seinem Dackel „Oswald”. Wastl, Zamperl oder Oswald – die Bayern haben viele Namen für ihre heißgeliebten Dackel | © BSB/Bildarchiv/Georg Fruhstorfer

Mal den eigenen Kosmos verlassen: mit orientalischen Handschriften

* Die Anatomie des Menschen in Zeichnungen von 1818 aus dem Iran

 

Diese gut 200 Jahre alte Handschrift aus dem Iran in persischer Sprache zeigt insgesamt sechs Illustrationen vom Menschen bzw. von seinem Innenleben, seinen Organen. In dieser Zeichnung sind das Herz und ein Teil vom Darm deutlich zu sehen, allerdings nicht ganz naturgetreu. Von heutigen detaillierten 3D-Darstellungen war man damals Welten entfernt. Der Traum der Ärzte, in einen menschlichen Körper schauen zu können – ohne ihn aufzuschneiden –, sollte erst circa 80 Jahre nach Entstehung dieser Zeichnung wahr werden: durch die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen 1895.

 

Aktuell hat die Stabi insgesamt 556 persische Handschriften in ihrem Bestand. Neben persischen Handschriften gibt es viele weitere aus dem Orient; zum Beispiel auf Arabisch, Armenisch, Hebräisch und Jiddisch, Paschtunisch, Syrisch und Türkisch. Auch die sogenannten Zend-Handschriften (Texte der Zoroastrier auf Avestisch und Mittelpersisch) gehören zum Bestand. Insgesamt betreut die Bayerische Staatsbibliothek über 5 000 orientalische Handschriften, die ältesten stammen aus dem 9. Jahrhundert.

 

Zu sehen ist eine von sechs Illustrationen zur Anatomie des menschlichen Körpers aus einer persischen Handschrift aus dem Jahre 1818, Signatur: Cod.pers. 550

 

Diese hier vorgestellte Handschrift ist erst jüngst zum Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek hinzugekommen und daher noch nicht digitalisiert. Viele andere sind hingegen schon digitalisiert. Sie können sich selbst ein Bild von unserer Sammlung orientalischer Handschriften machen und digital – ohne Anmeldung! – durch über 1000 Jahre alte Handschiften blättern.
► Orientalische Handschriften

 

Unser Tipp für die Ferienlektüre:
„Der Medicus” von Noah Gordon, erschienen 1986 (verfilmt 2013)

Die Medizin im Orient war zeitweise in ihrer Entwicklung dem Okzident weit überlegen. Unterhaltsam dargestellt wird der Stand der Medizin im Mittelalter im Beststeller „Der Medicus”, der auch verfilmt wurde. Der Roman spielt im 11. Jahrhundert, der damals weithin bekannte Arzt „Avicenna” spielt darin eine tragende Rolle – natürlich hat Gordon ihn mit dichterischer Freiheit dargestellt.

Zu sehen ist eine von sechs Illustrationen zur Anatomie des menschlichen Körpers aus einer persischen Handschrift aus dem Jahre 1818. Signatur: Cod.pers. 550 | © BSB

„La Callas” ­­– die weltbekannte Stimme, die schnell verglühte

* Von einer weltberühmten Sopranistin, die als urbane Eremitin mit 53 Jahren in Paris starb

 

Don't talk to me about rules, dear. Wherever I stay I make the goddamn rules.

 

Maria Callas
(On her controversial personality and performance, quoted in Wild Women Talk Back: Audacious Advice for the Bedroom, Boardroom, and Beyond (2004) by Autumn Stephens, p. 142)

 

Das Leben von Maria Callas? Das ist ein Leben so voll wie 100 andere Leben zusammen. Mit Triumphen, Skandalen, Jet-Set-Leben, höchster Kunstfertigkeit und Hingabe. Sie, die einen schweren Beginn, eine kurze Hochphase und ein trauriges Ende erlebte, schuf unvergessliche Momente in der klassischen Musik. „Die [Mailänder] Scala im Delirium”, so lautete eine Schlagzeile 1954 in Mailand, da war die Callas 31.

 

Zu Beginn steht 1947 ihr Auftritt in Verona, Italien, in der Oper „La Gioconda”. Künstlerisch im Zenit steht sie von etwa 1949 bis etwa 1965, einige „Puristen” sagen, dass ihre beste Zeit schon 1959 zu Ende ging. Am 5. Juli 1965 hatte sie ihren letzten, aber triumphalen Opernauftritt als „Tosca” in London.

 

Zu sehen ist eine Collage von Fotos mit Maria Callas. „Die Callas“, geboren vor 100 Jahren, war eine der berühmtesten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts. Die Fotos sind von Felicitas Timpe aus dem Jahr 1972. Zu diesem Zeitpunkt hatte Callas den Zenit ihrer Karriere bereits überschritten.

 

Zwischen ihrem 26. und 43. Lebensjahr stand sie 540 Mal auf der Opernbühne, sie sang dabei 42 verschiedene Partien, darunter ihre berühmte Rolle als „Norma” in der gleichnamigen Oper von Vincenzo Bellini. Darüber hinaus umfasste ihr Repertoire Arien aus 34 weiteren Opern. Sie war eine begnadete, in der Jugend aber auch ehrgeizige und fleißig übende Sängerin; ihr Tonumfang umfasste fast drei Oktaven.

 

Die Callas nahm durch ihren Lebensstil Schaden an Leib, Stimme und Seele. Sie praktizierte beruflich wie privat ein exzessives Sichverausgaben. Die Scheidung von Ehemann sowie Manager Gianbattista Meneghini und ihre Affären in den 60er-Jahren mit dem reichen griechischen Reeder Aristoteles Onassis taten ihr Übriges. Als Onassis 1968 statt ihrer doch lieber die Präsidentenwitwe Jacqueline „Jacky” Kennedy ehelichte, und die Medien das ausschlachteten, war sie endgültig erschöpft.

 

Spätere Versuche, ihre Karriere wieder anzukurbeln, verliefen schleppend. Ihr letzter Auftritt war 1974 und nicht glanzvoll. 1975 starb ihr Ex-Liebhaber Onassis in Paris; begleitet wurde er nicht von seiner Frau Jackie Kennedy-Onassis, sondern von Maria Callas. Sie selbst starb 1977 ebenfalls in Paris, einsam und fast vergessen mit nur 53 Jahren, Todesursache war Herzversagen.

 

Herzergreifend:
Nach ihrem Tod wurde Maria Callas eingeäschert und ihre Asche später vor der griechischen Insel Skorpios (südlich von Korfu) ins Ionische Meer gestreut. Warum Skorpios? Wohl weil ihre große Liebe Aristoteles Onassis auf Skorpios begraben liegt.

 

  • Wenn Sie „die Callas“ als Sängerin in Aktion sehen wollen: Maria Callas singt „Casta Diva“ aus Vincenzo Bellinis „Norma“ 1958 in Paris
    YouTube  (7:13 Minuten)
  • Eine Audiodatei über Leben und Tod von Maria Callas
    BR Klassik  (2:34 Minuten)
  • Eine Zusammenfassung des gesamten Lebens von Maria Callas, von ihrer Geburt 1923 in New York bis zu ihrem Tod 1977 in Paris, sowie ein Werk-und Literaturverzeichnis finden Sie bei:
    Radio Swiss Classic
Zu sehen ist eine Collage von Fotos mit Maria Callas. Fotos von Felicitas Timpe aus dem Jahr 1972 | © BSB/Bildarchiv

Der „Codex Aureus“ von St. Emmeram: ein Prunkstück der Karolingerzeit in der Stabi

* Nicht nur auf den Inhalt kommt es an! – Die Herrscher des Mittelalters bezeugten ihre Gottes-Verehrung auch mithilfe von Gold, Perlen und Edelsteinen

 

Auftraggeber dieses als „Codex Aureus von St. Emmeram” bekannten „Evangeliars” – ein Werk, das also ‚nur‛ die vier Evangelien des Neuen Testaments der Bibel enthält – war „Karl der Kahle” (* 823 in Frankfurt a. M., † 877 in Frankreich).

 

Karl der Kahle war ein Nachkomme in zweiter Generation von „Karl dem Großen“ (* 747/748, ab 800 Römischer Kaiser, † 814 in Aachen). Er gilt als erster französischer König. Anders als der Auftraggeber Karl der Kahle ist der Goldschmied, der mit seiner Kunstfertigkeit den Buchdeckel und damit eines der Hauptwerke der karolingischen Kunst schuf, nicht bekannt.

 

Der „Codex Aureus“ ist nur ein Beispiel aus der umfassenden Handschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek, die in diesem Sammlungsbereich aufgrund der Qualität, der Quantität (insgesamt 143 000 Handschriften) und Sammlungshistorie einen Spitzenplatz unter den Bibliotheken der Welt einnimmt.

 

Zu sehen ist ein Edelstein mit Goldeinfassung vom oberen Deckel des „Codex Aureus“, deutsch: „Goldene Handschrift“ aus St. Emmeram.

 

Entstanden ist der „Codex Aureus“ um 870 nach Christus in Nordfrankreich. Auftraggeber war „Karl der Kahle“, ein Nachkomme Karls des Großen.
Signatur: Clm 14000

Und was bedeutet eigentlich das „Clm“ in der Signatur des Codex Aureus? „Clm“ ist die Abkürzung für „Codices latini monacenses“, auf Deutsch: „Lateinische Handschriften aus oder in München“.

  • Hier entlang zu einem YouTube-Film, der Sie millimeternah über die Edelsteine, Perlen sowie die goldenen Tempel- und Kelch-Strukturen des Buchdeckels gleiten lässt.

 

Zu sehen ist ein Edelstein mit Goldeinfassung vom oberen Deckel des „Codex Aureus“, deutsch: „Goldene Handschrift“ aus St. Emmeram | © BSB/Clm 14000

Die „Zwanglose Gesellschaft” in München: ein Männerbund, der seit 1837 besteht

* Vor Graf von Pocci und Co. war im 19. Jahrhundert keiner sicher: die Mitglieder der Zwanglosen Gesellschaft nahmen nahezu jeden und alles auf die Schippe

 

Die Zwanglose Gesellschaft, auch bekannt als Gesellschaft der Zwanglosen, war – der Gründungsidee von 1837 nach – eine Vereinigung von Münchner Schriftstellern und Wissenschaftlern der Spätromantik und des Biedermeier. Wer Mitglied wurde, hatte an allwöchentlichen, abendlichen Treffen teilzunehmen und in regelmäßigem Turnus ein Gedicht oder ein Prosastück vorzutragen. Ansonsten galt Zwanglosigkeit, so sprach man sich zum Beispiel nicht mit adligen oder akademischen Titeln an.

 

Die Gesellschaft von Schriftstellern und Wissenschaftlern öffnete sich mit der Zeit weiteren (männlichen) Mitgliedern aus anderen Disziplinen: Seit 1854 gehören ihr auch Musiker, bildende Künstler, Ärzte und Juristen an, auch Nichtmünchner dürfen teilnehmen.

 

Berühmte Mitglieder im 19. Jahrhundert waren unter anderem:

  • der Hofmusikintendant, Schriftsteller, Komponist und Maler Franz Graf von Pocci (1807 – 1876), der viele Karikaturen der Mitglieder zeichnete. Franz Graf von Pocci war eines der aktivsten Mitglieder.
  • der Chemiker Justus von Liebig (1803 – 1873)
  • der Mineraloge und Schriftsteller Franz von Kobell (1803 – 1882)
  • die Schriftsteller Paul Heyse (1830 – 1914) und Emanuel Geibel (1815 – 1884)
  • der Naturforscher, Botaniker und Ethnograph Carl Friedrich Philipp von Martius (1794 – 1868)
  • der Germanist und bayerische Sprachforscher Johann Andreas Schmeller (1785 – 1852)

Zeichnung aus dem 2. Band des Archivs der Zwanglosen Gesellschaft (München, Mitte 19. Jahrhundert)
Signatur: Cgm 8026(2
Provenienz: Nachlass Zwanglose Gesellschaft München

 

Das Archiv der Zwanglosen Gesellschaft befindet sich im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek. Die vorliegenden elf Sammelbände der Gesellschaft, die sich von 1837 bis 1884 erstrecken, enthalten u. a. Sitzungsberichte, Gedichte, humoristische Einlagen und handgemalte Karikaturen (meist gezeichnet von Franz von Pocci). In ihnen treten die Mitglieder in charakteristisch-komischen Szenen auf.

  • Sie möchten in unseren Digitalen Sammlungen das Bild mit dem „Engelchen” aus der Nähe betrachten?
     
  • Mehr zum Thema sowie die Bände 1 und 2 zum Onlineblättern auf den Seiten des Münchener Digitalisierungszentrums: Band 1 | Band 2
Zeichnung aus dem 2. Band des Archivs der Zwanglosen Gesellschaft (München, Mitte 19. Jahrhundert). Signatur BSB Cgm 8026(2. Provenienz: Nachlass Zwanglose Gesellschaft München | © BSB/Cgm 8026(2

Drucke mit Insektendarstellungen im Art déco-Stil

* grazil bis poppig: Schablonen-Drucke von Émile-Allain Séguy – einem „Influencer“ für Tapeten- sowie Stoff-Designer und Street-Art-Künstler wie Banksy


Émile-Allain Séguy (1877 – 1951) gilt als einer der einflussreichsten Künstler der Stilrichtung des Art déco, die in den 1920er-Jahren in ihrem Zenit stand. Séguy studierte an der „Schule für dekorative Kunst” in Paris und entdeckte das dekorative Potenzial von Mustern und Farben aus der Natur. Offensichtlich entwickelte er dabei auch ein Faible für die Ästhetik von sechsbeinigem Getier wie Heuschrecken, Käfern, Bienen, Libellen, Grashüpfern aus aller Welt: In aufwändigen Collagen „komponierte“ er sie zu Gesamtkunstwerken.

 

Den großformatigen Tafeln mit den naturgetreu dargestellten Insekten in seinem schlicht Insectes betitelten Werk stellte Séguy ein Verzeichnis voran, in dem er die wissenschaftlichen Namen und die Herkunft der dargestellten Insekten auflistet. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass ihm ein reines l’art pour l’art-Werk offensichtlich nicht genug war.

 

Blatt 9 von 20 einer sehr seltenen und vollständigen Ausgabe des Werks Insectes von Émile-Allain Séguy, Paris 1926.
Bayerische Staatsbibliothek, Signatur: Res/2 81.347

Séguy schuf insgesamt elf Alben mit Illustrationen und Mustern aus der Natur, sämtlich in der Technik des Schablonen-Drucks, auch „Pochoir-Technik“ oder „stencil art“ genannt.

 

Dennoch ist es vor allem die künstlerische Wirkung, die das Werk bis heute so bedeutsam macht. Die Drucke und Designvorlagen von Séguy wurden fast ein Jahrhundert lang reproduziert und kamen auf Textilien, Tapeten und anderen dekorativen Anwendungen zur Geltung.

 

Die von Séguy bevorzugte Technik des Schablonen-Drucks (oder „stencil art“) wenden Street-Art-Künstler wie Banksy übrigens noch heute an. Séguy gilt in der Kunstwissenschaft daher im weitesten Sinne als Vorläufer und Pionier von Techniken, die heute prägend für Street-Art und Graffiti sind.

 

Übrigens und aufgepasst!
Émile-Allain Séguy wird oft verwechselt mit dem fast namensgleichen, ebenfalls aus Frankreich stammenden Insektenkundler Eugène Séguy (1890 – 1985).
 

Blatt 9 von 20 einer sehr seltenen und vollständigen Ausgabe des Werks „Insectes“ von Émile-Allain Séguy. Paris, 1926 | © BSB/Res/2 81.347

Sebastian Brant und sein bild- und wortreiches „Narrenschiff“

* Eine Inkunabel mit Unterhaltungswert

 

Schelte gegen das Prokrastinieren oder die „Aufschieberitis” im Stil von 1494

 

Wer singt cras, cras gleichwie ein Rabe,
Der bleibt ein Narr bis hin zum Grabe;
Noch größre Kapp' er morgen habe.

 

Das Narrenschiff nhd., XXXI, Einleitungsverse

Holzschnitt mit den drei Raben, die lautmalerisch lateinisch „cras, cras”, dt. „morgen, morgen” krähen

 

Sebastian Brants Narrenschiff umfasst 112 Kapitel, die sich mit Versen und Holzstichen – also textlich und optisch – jeweils einem Laster zuwenden und im Rahmen einer Narrenschifffahrt verschiedenste Narrentypen sowie deren Laster vorführen. Ziel von Brants Moralsatire ist, durch die Negativbeispiele („ex negativo”) die Leserschaft zu besseren Menschen zu machen.

 

Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus der 1494 erstmalig erschienenen Ausgabe des Narrenschiffs. Das Werk gilt daher als Frühdruck (Inkunabel). Zur Erinnerung: der Buchdruck mit beweglichen Lettern, erfunden durch Johannes Gutenberg, begann 1450, nicht einmal 50 Jahre früher. Die Bayerische Staatsbibliothek besitzt 20 890 Inkunabeln und damit nach Zahl der Exemplare den größten Bestand weltweit. | © BSB/Rar. 121

 

Die Holzstiche dieses „Comics”, wie manche diesen steten Mix aus Bildern und Kurzversen (Knittelverse) sogar bezeichnen, sind von so hoher Qualität, dass Expertinnen und Experten sie in Teilen dem jungen Albrecht Dürer zuschreiben. Ein starkes Indiz dafür ist, dass Dürer während seiner frühen Laufbahn im Dunstkreis Brants weilte.

 

Brant verfasste seinen „Comic” zuerst auf Deutsch (präziser: Neuhochdeutsch). Das Narrenschiff war ein so großer Erfolg, dass es 1497 bereits ins Lateinische und auch in zahlreiche andere Sprachen übersetzt wurde. Bis die deutschsprachige Bibel Luthers 1534 erschien, gilt Brants Narrenschiff 40 Jahre lang sogar als das meistgelesene deutsche Buch seiner Zeit.

 

Auszug aus der 1494 erstmalig erschienenen Ausgabe des „Narrenschiffs“. Das Werk gilt daher als Frühdruck (Inkunabel). Zur Erinnerung: der Buchdruck mit beweglichen Lettern, erfunden durch Johannes Gutenberg, begann 1450, nicht einmal 50 Jahre früher. Die Bayerische Staatsbibliothek besitzt 20 890 Inkunabeln und damit nach Zahl der Exemplare den größten Bestand weltweit. | © BSB/Rar. 121

„Gute Freunde kann niemand trennen …” – für Franz Beckenbauer und Gerd Müller galt das!

* Ein Foto aus einer anderen Zeit, vom stern-Fotografen Volker Hinz (1977)

 

Langweilige Bilder gibt es genug

 

Volker Hinz, stern-Fotograf (1947 – 2019)

 

Zwei Fußball-Legenden müssen sich ein Hotelzimmer teilen? 1977 war das offenbar üblich. Dass ein Fotograf den Stars so nahekam, war schon damals selten. Doch der vielfach ausgezeichnete Hamburger stern-Fotograf Hinz bewies auch hier sein Händchen für Situationen, Szenen und vor allem Menschen – plus seine fotografische Meisterschaft, den besonderen Moment in einem Bild einzufangen.

 

Apropos Meisterschaft – mit der Nationalmannschaft wurden Beckenbauer und Müller 1972 Europameister und 1974 Weltmeister: Das Siegestor im Finale in München gegen die Niederlande erzielte damals Müller. Fußball-Kollege Günter Netzer urteilte über die beiden Spezln: „Franz Beckenbauer war der beste deutsche Fußballer aller Zeiten, Gerd Müller das größte Phänomen.”

 

Franz Beckenbauer und Gerd Müller im Hotel Ritter, Bad Homburg 1977; fotografiert vom stern-Fotografen Volker Hinz. Die Stabi hat das Fotoarchiv von Volker Hinz (1947 – 2019) mit rund 1,3 Millionen Aufnahmen 2021 erworben. | © BSB/stern-Fotoarchiv/Volker Hinz

 

  • Die Bayerische Staatsbibliothek digitalisiert in den nächsten Jahren den gewaltigen Bilder-Fundus von Volker Hinz. Die Fotos von 15 Kollegen Hinzens beim stern sind bereits im stern-Fotoarchiv erschlossen und zum Anschauen frei verfügbar.
  • Lesen Sie einen Bericht im ► Bibliotheksmagazin 1/23 über die Erschließung des stern-Fotoarchivs von unseren Kolleginnen Regina Retter und Eva Kraus.
  • Eine Reportage mit Volker Hinz im Rahmen der #BFFMASTERTAPES vom BFF Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e. V.  (Dauer: 28 Minuten)
  • Franz und Gerd waren im Fußballspiel und im Gesang ein Dream-Team. So sangen sie zum Beispiel „Fußball ist unser Leben!” zusammen mit dem 1973/74er-WM-Kader.
Franz Beckenbauer und Gerd Müller im Hotel Ritter, Bad Homburg 1977. Fotografiert vom stern-Fotografen Volker Hinz | © BSB/stern-Fotoarchiv/Volker Hinz

„Ommmm …” – dem Nirwana nahe?

* Lehren buddhistischen Inhalts, geschützt zwischen schmalen hölzernen Buchdeckeln

 

Weisheit ist nicht mitteilbar. Weisheit, welche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit. (…) Wissen kann man mitteilen, Weisheit aber nicht.

 

Aus: Hermann Hesse, Siddharta

 

Zu sehen ist auf diesem Ausschnitt eines Buchdeckels aus Tibet die Darstellung eines Buddhisten. Genauer gesagt: eines ehemals buddhistischen Oberhaupts in Tibet, nämlich von „Marpa, dem Übersetzer” (1012 – 1097). Marpa war ein bedeutender Lama (Lehrer) des tibetischen Buddhismus. Er erhielt seinen Beinamen als einer derjenigen, die im 11. Jahrhundert die buddhistischen Schriften im Zuge der „Neuen Übersetzungen” von Sanskrit ins Tibetische übersetzten.

 

Die Sammlung kunstvoll geschnitzter oder bemalter tibetischer Buchdeckel in der Bayerischen Staatsbibliothek entstand 1975. Sie umfasst mittlerweile mehr als 120 Objekte vom 12. bis zum 20. Jahrhundert und ist auch im internationalen Vergleich einzigartig.

 

Das Bild zeigt den mittleren Ausschnitt eines tibetischen Buchdeckels aus Holz, entstanden im 19. Jahrhundert. Die Maße des gesamten Buchdeckels betragen etwa 47 x 11 cm, er ist 1,8 cm dick. Signatur: Cod.tibet. 1008(2
Diesen Buchdeckel stellt die Bayerische Staatsbibliothek in den Digitalen Sammlungen unter der Lizenz CC-BY-NC-SA 4.0 zum freien Download zur Verfügung.

 

  • Im Bildarchiv der Stabi finden Sie 800 Fotos vom 14. Dalai Lama, im Suchfeld „Dalai Lama“ eingeben.
  • Wer mehr über den Buddhismus wissen möchte, findet unter Planet Wissen eine (von vielen) Reportagen über den Buddhismus.

 

Eckdaten zum Buddhismus
Vor etwa 2 500 Jahren wurde Buddha als Siddhartha Gautama geboren. Seine Lebensdaten werden auf circa 450 bis 370 v. Chr. angesetzt. Buddha bedeutet übersetzt „Der Erwachte” oder „Der Erleuchtete”. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene buddhistische Schulen herausgebildet: Buddhas Hauptlehren zur richtigen Lebensweise und Themen wie das Karma oder das Nirwana sind bis heute Kern des Buddhismus. Er ist die viertgrößte Religionsgemeinschaft nach dem Christentum, Islam und Hinduismus.

 

  So sieht der Sanskrit-Zeichen für „Aum“, gesprochen „OM“ aus. Om ist im Buddhismus ein Mittel zur Meditation und steht für das Universelle, Ganze.

Das Bild zeigt den mittleren Ausschnitt eines tibetischen Buchdeckels aus Holz, entstanden im 19. Jahrhundert. Seine Maße betragen etwa 47 x 11 cm, er ist 1,8 cm dick | © BSB/Cod.tibet. 1008(2

Das Grauen des 20. Jahrhunderts ­– Max Beckmanns Künstlerbuch „Illustrationen zur Apokalypse”

* Bilder geprägt vom Wahnsinn und Schrecken der Nazi-Zeit, kombiniert mit Texten aus der Johannes-Offenbarung

 

im vierten jahr des zweiten weltkrieges, als gesichte des apokalytischen sehers grauenvolle wirklichkeit wurden, ist dieser druck entstanden.

 

Max Beckmanns Schlussworte (zugleich Kolophon) zu seinem Werk Illustrationen zur Apokalypse

 

Der Maler Max Beckmann (1884 – 1950) floh 1937 nach Amsterdam, weil er in Deutschland von den Nationalsozialisten als sogenannter „entarteter Künstler” mit Berufsverbot belegt war. In Amsterdam schuf er 1941 und 1942 unter dem Eindruck der Gräuel des Zweiten Weltkriegs 27 Illustrationen zur Apokalypse. Die Anregung dazu bekam er von seinem Freund Georg Hartmann, dem Inhaber der damals bekannten Bauer’schen Gießerei in Frankfurt a. M. Von den 27 gedruckten Lithografien hat Beckmann wohl nur 5 im Nachgang eigenhändig mit Aquarellfarben koloriert.

 

Da er von den Nationalsozialisten verfemt wurde, war die Veröffentlichung von Beckmanns Werken offiziell natürlich unmöglich. Doch der Künstler und sein Freund fanden einen Weg: Beckmanns Zeichnungen wurden mithilfe von Freunden von Amsterdam nach Frankfurt geschmuggelt. Dort wurden sie zusammen mit dem Luther-Text zur „Johannes-Apokalypse” (deutsch „Johannes-Offenbarung”) 1943 noch mitten im Krieg gedruckt.

 

Die Nazi-Literaturzensur umgehen konnten Beckmann und Hartmann dadurch, dass das Werk offiziell eine Auflage von nur 24 Exemplaren hatte; erst ab 25 Exemplaren prüfte die Zensurbehörde gedruckte Bücher.

 

Das Bild zeigt eine von 27 Zeichnungen von Max Beckmanns Illustrationen zur Apokalypse. Die Signatur lautet 2 L.sel.III 151. „L.sel.” steht für „Libri Selecti” = die „Künstlerbücher” der BSB. Dieses Künstlerbuch von Max Beckmann stellt die Bayerische Staatsbibliothek in den Digitalen Sammlungen unter der Lizenz CC-BY-NC-SA 4.0 zum freien Download zur Verfügung.

 

Motiv aus Max Beckmanns „Illustrationen zur Apokalypse”, gedruckt in Frankfurt am Main 1943 | © BSB/2 L.sel.III 151

Stil-Ikone und Kunst-Figur – Lady Gaga

Du wirst mich niemals in Flip-Flops und Schlabberhosen sehen. Ich bin Lady Gaga, 24 Stunden täglich.

 

Aus: stern Nr. 45/2010, 4. November 2010, S. 188

 

* Sängerin, Songwriterin, Schauspielerin, Stil-Ikone, Trendsetterin, Provokateurin: Lady Gaga ist ein weiblicher Tausendsassa. Gerne grenzüberschreitend und mit starkem Sendungsbewusstsein. Dieses Foto ist eines von 19 Millionen Bildern unseres Bildarchivs! Täglich werden Stapel von Fotos digitalisiert und von uns online gestellt – im Laufe des nächsten Jahres auch dieses hier.

 

Kerndaten zu Lady Gaga
1986: Geboren als Stefani Joanne Angelina Germanotta in New York.
2008: Durchbruch als Sängerin und Songwriterin mit ihrem Debütalbum „The Fame”.
2019: Durchbruch im Filmgeschäft als Sängerin und Schauspielerin. Sie gewann den Oscar für den besten Film-Song „Shallow” (im Film „A Star is Born”). Außer mit der Oscar-Statuette kann sie ihren Kaminsims schon mit 13 Grammys und zwei Golden Globes dekorieren.

 

Lady Gaga im Schloss Bensberg, fotografiert vom stern-Fotografen Volker Hinz, 2011. Die Stabi hat das Fotoarchiv von Volker Hinz (1947 –  2019) mit rund 1,3 Millionen Aufnahmen 2021 erworben.
© BSB/stern-Fotoarchiv/Volker Hinz

 

 

Etymologie für Fortgeschrittene: Woher kommt der Künstlername „Lady Gaga”?
„Jeden Tag, wenn Stef [Lady Gaga] ins Studio kam, fing ich an‚ ‚Radio Ga Ga‘ [von ‚Queen‘] zu singen, anstatt ‚Hallo‘ zu sagen. ‚Lady Gaga‘ war eigentlich eine Panne; ich tippte ‚Radio Ga Ga‘ in eine SMS und es führte eine Autokorrektur durch; so änderte sich ‚Radio‘ irgendwie in ‚Lady‘. Sie schrieb mir zurück: ‚Das ist es.‘ Nach diesem Tag war sie Lady Gaga.”

 

Fusari: Lady Gaga – Biography, Photos, News, Videos, Reviews and Tour Dates and Tickets. Contactmusic.com, aus: Wikipedia, s. v. Lady Gaga.

Lady Gaga im Schloss Bensberg, fotografiert vom stern-Fotografen Volker Hinz, 2011 | © BSB/stern-Fotoarchiv/Volker Hinz

„BANZAI!” – Japanische Kampfkunst

* Ein japanischer Farbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi (1847)

 

Zu sehen ist ein Samurai, der mit seinem Schwert eine Laterne zerschlägt. Das Blatt stammt von Utagawa Kuniyoshi (1798 – 1861) und gehört zu einer Serie von Farbholzschnitten mit dem Titel Seichu gishi den – auf Deutsch Erzählungen von der wahren Loyalität treuer Samurai.

 

Seichu gishi den erzählt eine der bekanntesten Heldengeschichten Japans. Sie handelt von 47 Kriegern, die versuchten, den Tod ihres Herren zu rächen. Es gelang ihnen schließlich auch, aber nur um den Preis ihres eigenen Lebens. Diese wahre Begebenheit, die sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts ereignete, zählt zu den populärsten Stoffen in der japanischen Kunst.
 

 

Das Bild zeigt ein Blatt aus der 1847 entstandenen Holzschnittserie Seichu gishi den des japanischen Künstlers Utagawa Kuniyoshi.
Es hat die Signatur 2 L.jap. K 173.

Bildrechte
Diesen Einblattfarbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi stellt die Bayerische Staatsbibliothek in den Digitalen Sammlungen unter der Lizenz CC-BY-NC-SA 4.0 zum freien Download zur Verfügung.

 

Und was bedeutet eigentlich „万歳 banzai”?
Banzai (japanisch, wörtlich „zehntausend Jahre”) hatte viele, auch kämpferisch-kriegerische Bedeutungen. In Japan bedeutet es heute hauptsächlich einfach „Hurra!” oder „Er/Sie lebe hoch!”

„BANZAI!” – Japanische Kampfkunst. Ein japanischer Farbholzschnitt von Utagawa Kuniyoshi (1847) | © BSB

„Ab in den Süden!” – Apian wies den Weg

* Ausschnitt mit dem Chiemsee aus den 24 Bairischen Landtafeln von Philipp Apian (1568)

 

Im 16. Jahrhundert war die Auswahl an Landkarten in Bayern sehr bescheiden. Das änderte Herzog Albrecht V. Er engagierte 1554 den jungen Mathematikprofessor Philipp Apian: Dieser sollte sein Herzogtum vermessen – und mit diesem Werk unvergessen bleiben.

 

Sieben Sommer lang – die Winter ließ das Vermessungsteam aus – reiste Apian zu Fuß und zu Pferde mit seinen Begleitern durch Bayern und setzte systematisch Vermessungspunkte. Er notierte, welche Orte, Brücken und Flüsse, Gehöfte, Seen und Burgen sie vorfanden. 1563 war das Werk vollendet: Apian hatte eine etwa 5 x 5 Meter große Karte vom Herzogtum Bayern in einem detailfreundlichen Maßstab erstellt, 1 Zentimeter auf der Karte entsprachen 450 Metern. Apian ging bei den Illustrationen seiner Karten übrigens über rein kartografisch notwendige Informationen hinaus: Auf ihnen sind auch Tiere wie Gamsböcke oder auch Fischerboote sowie historische Ereignisse (zum Beispiel Schlachten) zu sehen.

 

Das Bild zeigt Blatt 19 aus den Bairischen Landtafeln von Philipp Apian (Signatur Hbks/F 15).
Die Karte erschien 1568 und hat eine Gesamtgröße von 156 x 159 cm.

 

Auf Grundlage der „Großen Karte”, einem Einzelstück, das dem Herzog gewidmet und in der herzoglichen Bibliothek der Münchner Residenz untergebracht war, ließ Apian fünf Jahre später quasi eine „Taschenbuch-Ausgabe” der „Großen Karte” erstellen. Er verkleinerte die Große Karte von Bayern, teilte sie in 24 Bairische Landtafeln auf und ließ Holzschnitte von diesen fertigen. Hier sieht man den Chiemsee, Teil der Landtafel 19. Der Maßstab der „Taschenbuch-Ausgabe” war übrigens gröber: 1 Zentimeter auf der Karte entsprachen nun fast 1 500 Metern. Der Vorteil aber war: Diese kleineren Karten konnten durch die angefertigten Holzschnitte vervielfältigt und als handlichere Exemplare verkauft werden. Über 200 Jahre lang galten die Bairischen Landtafeln als offizielles Kartenwerk in Bayern. Auch Napoleon nutzte sie bei seinen Kriegszügen um 1800 für den Einmarsch in Bayern.

  • Sie möchten in die Karte vom Chiemsee und seiner Umgebung hineinzoomen oder sie downloaden?
  • Apian schuf auch andere Werke, wie zum Beispiel einen Erdglobus.
    Er ist in 3D gescannt und kann im Kulturportal bavarikon von allen Seiten betrachtet werden.
    Probieren Sie es mal aus!
„Ab in den Süden!” – Apian wies den Weg. Ausschnitt mit dem Chiemsee aus den 24 Bairischen Landtafeln von Philipp Apian (1568) | © BSB

„Boom!“ – Ritter, Pferde und Turniere

* Aus dem Turnierbuch von Ludwig von Eyb dem Jüngeren (um 1525)

 

Zu sehen ist die Szenerie eines „Kolbenturniers” mit zwei konkurrierenden Ritter-Parteien. Jeder Ritter trägt einen speziellen Kolbenturnier-Helm mit Gittervisier, das einen guten Rundumblick ermöglichen sollte. Um die auf dem Bild zu sehenden auffälligen Helmziere geht das öffentlich ausgetragene Spektakel: Das Ziel beim Kolbenturnier ist nämlich, dem Gegner mit einem hölzernen stumpfen Schwert, dem Streitkolben, die Helmzier abzuschlagen.

 

Das Bild zeigt Blatt 14r aus dem Turnierbuch von Ludwig von Eyb dem Jüngeren zum Hartenstein (Signatur Cgm 961). Die Handschrift erschien um 1525 in Süddeutschland in deutscher Sprache (Ostschwäbisch) und hat einen Umfang von 136 Blättern. Die Maße des Buches betragen 29,5 cm x 21 – 22 cm.

 

Sie möchten in das Bild hineinzoomen oder es downloaden?
Sie möchten das ganze Turnierbuch durchblättern?

 

Bildrechte-Angaben
Die gesamte Handschrift stellt die Bayerische Staatsbibliothek in den Digitalen Sammlungen unter der Lizenz CC-BY-NC-SA 4.0 zum freien Download zur Verfügung.

 

Sie möchten mehr zum Themenkomplex „Die Welt der letzten Ritter” erfahren?

 

Virtuelle Ausstellung Bilderwelten der Bayerischen Staatsbibliothek von 2016/2017

 

Dazugehöriger Ausstellungskatalog online (insbesondere Seiten 143 – 161)

 

Artikel im Historischen Lexikon Bayerns zum Thema „Turniere (Mittelalter/Frühe Neuzeit)” (mit weiterführenden Literaturhinweisen)

„Boom!“ – Ritter, Pferde und Turniere. Aus dem Turnierbuch von Ludwig von Eyb dem Jüngeren (um 1525) | © BSB

Wussten Sie, dass hinter diesen Mauern …

… ein Bestand von inzwischen über drei Millionen Objekten, Werken und Medien virtuell auf Sie wartet? Sie können diese Digitalisate von überall auf der Welt, jederzeit und kostenlos in den Online-Angeboten der Bayerischen Staatsbibliothek einsehen.

 

Mit unserer Kampagne Behind these walls möchten wir Sie neugierig machen auf: mittelalterliche Handschriften, Karten aus Bayern und der Welt, ikonische Fotografien und viele andere Kulturschätze, die in unseren Magazinen versteckt sind.

 

Alle zwei Wochen stellen wir Ihnen ein ausgewähltes Werk vor, das entweder schon digitalisiert ist oder es in absehbarer Zeit sein wird.

 

Sie wollen hinter diese Mauern schauen? Dann nutzen Sie dafür entweder unsere Digitalen Sammlungen oder unser Bildarchive.

 

Digitale Sammlungen
Anklicken und los geht’s! Für den Start empfehlen wir unsere Highlights wie z. B. die Gutenbergbibel oder die Apian-Karten, die auf der Startseite etwas unterhalb anwählbar sind.

 

Bildarchiv
Vom Münchner Marienplatz, dem Hamburger Hafen über den 14. Dalai Lama bis hin zu Loriot – all diese Motive finden Sie im Bildarchiv!

 

stern-Fotoarchiv
Das analoge Bildarchiv der Zeitschrift stern umfasst etwa 15 Millionen Negative, Dias und Abzüge aus dem Zeitraum 1948 bis 2001. Sie finden hier sämtliche stern-Bilder, die von der Bayerischen Staatsbibliothek bereits digitalisiert worden sind.

Behind these walls | © BSB

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