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Datenbank zu Pracht- und Luxuseinbänden der Bayerischen Staatsbibliothek online

Als Ergebnis eines vierjährigen DFG-Projekts ist eine Online-Datenbank zu westlichen und zentralasiatischen Pracht- und Luxuseinbänden aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek nun online verfügbar.

Schrägsicht des dreidimensionalen Profils des Codex Aureus | © BSB/Clm 14000

Schrägsicht des dreidimensionalen Profils des Codex Aureus | © BSB/Clm 14000

Prachteinband zu einem Evangeliar aus Wessobrunn | © BSB/Clm 22021

Prachteinband zu einem Evangeliar aus Wessobrunn | © BSB/Clm 22021

Prachtvoll verzierter tibetischer Buchdeckel aus dem 18. Jahrhundert | © BSB/Cod.tibet. 118

Prachtvoll verzierter tibetischer Buchdeckel aus dem 18. Jahrhundert | © BSB/Cod.tibet. 118

Schmalseite eines tibetischen Buchdeckels | © BSB/Cod.tibet. 117

Schmalseite eines tibetischen Buchdeckels | © BSB/Cod.tibet. 117

Mikroskopieaufnahme einer römisch-antiken Gemme auf dem Einband des Reichenauer Evangeliars | © BSB/Clm 4454

Mikroskopieaufnahme einer römisch-antiken Gemme auf dem Einband des Reichenauer Evangeliars | © BSB/Clm 4454

Mikroskopieaufnahmen zum Einband des Evangeliars Ottos III. | © BSB/Clm 4453

Mikroskopieaufnahmen zum Einband des Evangeliars Ottos III. | © BSB/Clm 4453

Westliche Einbände

Einbände als plastische Kunstobjekte nehmen eine Sonderstellung zwischen den textorientierten Sammlungen von Bibliotheken und den objektbezogenen Sammlungen der Museen ein. Beziehungen zum klassischen Sammlungsgut der Museen weisen vor allem die mit Edelsteinen, Perlen, Elfenbein oder Emaille auf getriebenem Gold oder Silber prachtvoll gestalteten Goldschmiedeeinbände des Mittelalters auf, die liturgische Handschriften zieren und zu den Spitzenstücken der plastischen Kunst der Zeit zählen.

Eine Besonderheit dieser Kunstgattung und eine Herausforderung für deren Beschreibung ist die Einbeziehung anderer und teils deutlich älterer Kunstobjekte als Spolien, die aus dem ursprünglichen Zusammenhang entnommen, teilweise zerlegt und in den neu gestalteten Buchdeckel prominent eingearbeitet wurden: Neben arabischen Amulettsteinen, byzantinischen Emaillen, antiken Gemmen, Kameen und Intaglien sind besonders Elfenbeinreliefs zu nennen, die in zahlreichen Beispielen des 10. bis 12. Jahrhunderts Verwendung fanden, sowie historische Seiden- und Samtstoffe.

Viele der Prachteinbände belegen zugleich die engen Verbindungen, in denen religiöse Gemeinschaften mit hochrangigen Stiftern standen: Zu nennen sind etwa die prachtvollen Bücherstiftungen, mit denen Kaiser Heinrich II. das vom ihm gegründete Bistum Bamberg ausstattete und die heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, oder Geschenke von Bischöfen oder Adeligen an bayerische Klöster.

Die Bestände an mittelalterlichen europäischen Metalleinbänden der Bayerischen Staatsbibliothek sind sowohl im internationalen Vergleich als auch innerhalb Deutschlands herausragend an Umfang und Qualität. Sie werden noch immer um bedeutende Neuerwerbungen erweitert.

Tibetische Buchdeckel

Für Handschriften bedeutender religiöser Texte des Buddhismus wurde der Buchblock im Querformat in diesem Kulturraum in ein Tuch gewickelt, zwischen Deckel gelegt und mit einem Gurt umwunden. Auch zu zeremoniellen Anlässen wurden kunstvoll aus Holz geschnitzte oder in Kupferblech getriebene, teils vergoldete oder bemalte Einbände gefertigt, die im kulturellen und künstlerischen Erbe Tibets den gleichen Rang wie Thankas (bemalte Rollbilder auf Seide) oder Skulpturen einnehmen. Zwar ist ihre Entstehung also im Rahmen der Buchkultur Tibets zu verorten, doch sind sie durch ihre künstlerische Bearbeitung in gleichem Maße der Malerei und der Skulptur zuzurechnen.

Viele Deckel sind ohne die zugehörige Handschrift überliefert und werden so von Bibliotheken und Museen gesammelt. Auch lässt der Abnutzungsgrad mancher plastischer Elemente darauf schließen, dass die Buchdeckel selbst zum Kultobjekt wurden. Die Sammlung der Bayerischen Staatsbibliohek zählt mit mehr als 100 tibetischen Buchdeckeln zum größten Bestand außerhalb Tibets. Die Deckel tibetischer Handschriften und Blockdrucke stammen nicht nur aus Tibet, sondern auch aus der Mongolei und aus China.

DFG-Projekt

Anhand eines Corpus von 59 westlichen Prachteinbänden des Mittelalters und der Neuzeit sowie von 96 tibetischen Buchdeckeln aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek wurde im Rahmen eines DFG-Projekts ein modularer Standard der Beschreibung dieser eigenständigen Kunstobjekte entwickelt. Begleitend wurden die Objekte in einem kamerabasierten Workflow unter Einbeziehung der Ergebnisse der Erschließung digitalisiert und eine Standardsequenz von Aufnahmen für diese Objektgattung entwickelt. Ausgewählte Objekte der beiden Sammlungen wurden zudem vom Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR) der Bayerischen Staatsbibliothek materialwissenschaftlich und kunsttechnologisch ausschließlich mit berührungslosen und zerstörungsfreien Verfahren zur Bestimmung von Farbmitteln, Metallen und Schmucksteinen analysiert.

Internetpräsentation

Im engen Zusammenhang mit der Digitalisierungstechnik wurde ein Modell für die Internetpräsentation der kunsthistorischen Beschreibungen, der Digitalisate des Artefakts selbst sowie von materialwissenschaftlichen  und kunsttechnologischen Forschungsprimärdaten erarbeitet. Diese Präsentation zeigt deutlich den Mehrwert der nun möglichen Verbindung von textbezogener Tiefenerschließung und digitaler Versionen des Artefakts selbst. Insbesondere auch die Verfügbarkeit von Forschungsprimärdaten und ihrer Analyse bieten neuartige Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten der Nachnutzung für die Forschung im digitalen Zeitalter. Alle Projektergebnisse werden im Open Access publiziert und zum Download angeboten.

 

Datenbank zu Pracht- und Luxuseinbänden  (Semantic MediaWiki mit allen Projektergebnissen)
 ♦   Projekthomepage
Tibetische Buchdeckel  (Digitalisate in den Digitalen Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek)
Westliche Einbände  (Digitalisate in den Digitalen Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek)

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